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Wirtschaft: Entscheidung gefragt

Der neue Chef der Deutschen Post muss dringend eine Lösung für das defizitäre US-Geschäft finden

Berlin - Die Investmentbank Morgan Stanley mag es gerne drastisch. „The next Daimler?“ fragten die Unternehmensexperten des Hauses vor kurzem in einer Studie lakonisch. Gemeint war das weltgrößte Logistikunternehmen – die Deutsche Post. Es gebe Parallelen zu Daimler und seinem Engagement bei Chrysler, schrieben die Analysten auf 32 Seiten – und spielten damit auf das US-Paketgeschäft an, seit Jahren die größte Problemzone des gelben Riesen. Es habe „sehr positive Reaktionen“ gegeben, als sich Daimler endlich dazu durchgerungen habe, im vergangenen Jahr das Abenteuer Chrysler zu beenden. Die Expertise könnte für den neuen Vorstandschef der Deutschen Post, über den der Aufsichtsrat am Montagabend beraten wollte, ein paar interessante Tipps bereithalten. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe tagte das Gremium allerdings noch.

Die 19 Damen und Herren wissen aber auch ohne den Rat von Morgan Stanley, dass der neue Chef der rund 470 000 Postler dringend handeln muss. Seit Klaus Zumwinkel im März 2003 für eine Milliarde Euro beim amerikanischen Expressdienst Airborne einstieg, häufte die Sparte nur Verluste an. Genaue Zahlen sind nicht bekannt, Morgan Stanley geht von bis zu sieben Milliarden Euro aus. Zwei Manager sind bereits an der Sanierung gescheitert.

Das Problem: DHL, wie Airborne in den USA nun heißt, ist allein zu klein, um profitabel zu wirtschaften. Als weltweit agierender Logistiker, den Zumwinkel ausgerufen hatte, muss die Post in der weltgrößten Volkswirtschaft aber Präsenz zeigen. „Hier ist dringend Handeln geboten“, mahnt Martina Noß, Aktienexpertin bei der NordLB. Ein Ausstieg aus dem Geschäft sei keine Option, schließlich könne man wichtige Kunden wie Hewlett-Packard nicht bitten, sich an die Konkurrenz zu wenden. Am liebsten wäre Noß eine Allianz etwa mit UPS, um dem Marktführer Fedex die Stirn bieten zu können. Die Investoren sind ungeduldig – der Aktienkurs der Post stagniert seit Jahren bei 21 Euro, auch wegen des US-Abenteuers.

Doch bei dem riesigen Konzern mit 60,55 Milliarden Euro Umsatz und 1,9 Milliarden Euro Gewinn ist dies nicht die einzige Baustelle. Das Sammelsurium aus mehr als 120 Firmen, die Zumwinkel im Zuge der Expansion gekauft hat, muss in den Konzern sinnvoll integriert werden. Zugleich muss der neue Chef einen Partner für die Postbank finden. Das dürfte nicht schwer fallen, an Bewerbern mangelt es jedenfalls nicht. Viele Experten an der Börse finden ohnehin, dass das Institut zum Kerngeschäft Express und Logistik nicht passt und es so gut wie keine Synergieeffekte gibt. Und stellen in dem Zusammenhang sogleich die Systemfrage: Auch die Zusammenarbeit der anderen Sparten sei überschaubar, man könne die Post auch ebenso gut in drei Teile – Brief, Logistik und Bankgeschäft – zerschlagen.

Das wird mit dem Bund, der noch rund 30 Prozent der Post besitzt, vermutlich nicht zu machen sein. Deshalb wartet auf den neuen Führer des Konzerns ein vergleichsweise ruhiges Arbeiten, hat er einmal das Amerika-Problem gelöst. „Der Verkauf der Postbank drängt nicht unbedingt, und im Briefgeschäft hat die Einführung des Mindestlohns dem Unternehmen ein paar Jahre Zeitgewinn verschafft“, analysiert Post-Kennerin Noß. Glück für die Post – denn die Briefsparte steuert nach wie vor den größten Teil zum Konzerngewinn bei.

Dass der Job auf Frank Appel, 46, passen würde, steht für sie außer Frage. Der ehemalige McKinsey-Mann gilt als sehr kostenbewusst und kennt das Innenleben des Unternehmens seit acht Jahren, sechs davon auf verschiedenen Vorstandsposten. Noch führt er die Sparte Logistik. Zudem soll er ein gesundes Maß an Bescheidenheit mitbringen, wie kolportiert wird. Trotz seines Aufstiegs in Top-Positionen rollte er eine Zeitlang noch mit einem alten Volvo-Kombi auf den Parkplatz an der Bonner Post-Zentrale. Dem Pförtner kam das so suspekt vor, dass er Appel erst gar nicht aufs Grundstück lassen wollte. Mittlerweile hat sich der Manager allerdings den Gepflogenheiten seiner Kollegen angepasst – und ist auf eine Luxuslimousine umgestiegen.

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