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Wirtschaft: Enttäuschung über die gescheiterte Reform

Unternehmen und Verbände kritisieren Bonner Steuerbeschlüsse / Wegfall der Gewerbekapitalsteuer begrüßt BERLIN (mot/za).Enttäuscht haben am Donnerstag Verbände und Unternehmen auf die Ergebnisse der Verhandlungen im Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat zur Steuerreform reagiert.

Unternehmen und Verbände kritisieren Bonner Steuerbeschlüsse / Wegfall der Gewerbekapitalsteuer begrüßt BERLIN (mot/za).Enttäuscht haben am Donnerstag Verbände und Unternehmen auf die Ergebnisse der Verhandlungen im Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat zur Steuerreform reagiert.Als "Tiefschlag" für den Standort und "Riesenenttäuschung" bezeichnete in Berlin der Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände, Christian Amsinck, die Bonner Beschlüsse."Das erhoffte Signal an die Investoren ist ausgeblieben", sagte Amsinck dem Tagesspiegel.Zugleich aber begrüßte er die beschlossene Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer.Die Unternehmen im Westteil Berlins würden von einer Steuerlast in Höhe von 350 Mill.DM befreit.Wirtschaftssenator Elmar Pieroth erklärte, 30 000 Unternehmen im Westteil der Stadt hätten es nun leichter im Umstrukturierungsprozeß. Teils zufrieden zeigten sich auch Berliner Unternehmen."Wir sind sehr erleichtert, daß die Steuer nicht eingeführt wird", hieß es bei der angeschlagenen Elpro AG im Berliner Osten."Jede zusätzliche Belastung hätte uns Probleme bereitet." Herlitz erwartet, pro Jahr "mehr als eine Mill.DM" Gewerbekapitalsteuer einzusparen.Das Ergebnis sei aber nicht mehr als "ein hilfreiches Trostpflaster" für die gescheiterte Steuerreform, sagte Herlitz-Sprecherin Sylke Ketzer.Klaus Pohle, Finanzvorstand der Schering AG, beklagte in einem Zeitungsinterview, der Standort Deutschland hätte die große Steuerreform dringend gebraucht."Wir haben ungeheuere Schwierigkeiten, gute Mitarbeiter aus dem Ausland nach Deutschland zu holen." Die Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) erklärte, mit dem erzielten Vermittlungsergebnis sei die Chance verspielt worden, "Deutschland zeitnah an die internationalen Erfordernisse anzupassen"."Einziger Lichtblick" sei die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer.Dies sei wichtig für die Konsolidierung der wirtschaftlichen Entwicklung in Ostdeutschland, hieß es dazu in einer Stellungnahme der IHK Potsdam.Ihre mehr als 43 000 Mitgliedsunternehmen nähmen diese seit langem überfällige Entscheidung mit Genugtuung zur Kenntnis. Ähnlich waren die Reaktionen auf Bundesebene.Als "steuerpolitisches Fiasko" bezeichnete der Bundesverband der Deutschen Industrie das Scheitern der großen Steuerreform, dem das "wirtschaftliche Aus zahlreicher Unternehmen" folgen werde.Dazu trage auch "die volle und in der Struktur falsche Gegenfinanzierung durch die Wirtschaft bei".Als eine "schwere Hypothek für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und für den Arbeitsmarkt", kritisierte auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände die Verhandlungsergebnisse."Dringend notwendige Reformen allein aus wahltaktischen Überlegungen zu blockieren, ist für in- und ausländische Investoren ein verheerendes Signal." Kritik übte auch der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT).Hauptgeschäftsführer Franz Schoser sagte, zwar sei mit der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer und der Senkung der Lohnnebenkosten "wenigstens etwas rausgekommen", der für notwendige Durchbruch sei aber nicht erreicht worden.Zudem fürchte er weitere Abwanderungstendenzen deutscher Unternehmen: "Ich glaube, der Zug fährt weiter", betonte Schoser. Unterdessen wurde am Donnerstag in den Bundesländern nachgerechnet, ob die vorgesehene Beteiligung der Länder an der Umsatzsteuer und die Streichung steuerlicher Sonderregelungen den Wegfall der Gewerbekapitalsteuer vollständig kompensieren.Berlins Finanz-Pressesprecher Frank Zimmermann äußerte sich vorsichtig optimistisch: "Es sieht so aus, als handele es sich um einen vertretbaren Kompromiß, mit dem das Land Berlin leben könnte".Der zu kompensierende Einnahmeausfall beträgt in Berlin schätzungsweise 200 Mill.DM.

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