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Wirtschaft: Erbschaftsteuer: Wirtschaft lehnt Erhöhung ab

Der Plan der SPD-Länder, Immobilien für die Erbschaftsteuer höher zu bewerten, hat im Bundesrat offensichtlich keine Chance. Die unionsgeführten Länder kündigten "erbitterten Widerstand" an.

Der Plan der SPD-Länder, Immobilien für die Erbschaftsteuer höher zu bewerten, hat im Bundesrat offensichtlich keine Chance. Die unionsgeführten Länder kündigten "erbitterten Widerstand" an. Auch Wirtschaftsverbände klagten über höhere Belastungen für den Mittelstand. Wirtschaftsforscher hielten jedoch dagegen, es sei noch immer günstiger, Häuser und Wohnungen zu vererben; Geldvermögen werde hingegen deutlich höher belastet.

Die Pläne beinhalteten eine "dreiste Steuererhöhung", die angesichts zunehmender Konjunktur-Gefahren nicht in die politische Landschaft passe, kritisierte Hessens Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU). Er sei "extrem verärgert". Mehrere SPD-regierte Länder wollen am Freitag ein Gesetz im Bundesrat einbringen, wonach ab 2002 bebaute Grundstücke mit 72 Prozent ihres Verkehrswerts steuerlich erfasst werden sollen. Bislang liegt der Wert bei im Schnitt 50 Prozent. Baden-Württembergs Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) sagte, höhere Grundbesitzwerte seien unnötig. Die steuerlichen Wertansätze seien bereits 1996 angehoben worden. Eine weitere Erhöhung würde dazu führen, dass Wohneigentum in Städten nicht mehr steuerfrei vererbbar sei.

Wirtschaftsverbände beklagten, auf den Mittelstand kämen erhebliche Belastungen zu, sollte die Initiative umgesetzt werden. Laut Handwerkspräsident Dieter Philipp würde eine Verwirklichung der Pläne viele anstehende Unternehmensübertragungen bedrohen. Offensichtlich beeindrucke es die fünf Länder nicht, dass in Deutschland im Gegensatz zu Ländern Europas häufiger die Erbschaftsteuer die Übertragung von Firmen behindere. Der Eigentümerverband Haus & Grund kritisierte, der Plan der Länder widerspreche Äußerungen von Kanzler Gerhard Schröder (SPD), weitere Steuererhöhungen gebe es nicht. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warnte vor einer Steuererhöhung "durch die Hintertür". Dagegen bekräftigte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß, es gehe um eine verfassungskonforme Neuregelung der Bewertung von Grundbesitz. Falls dies zu einer höheren Erbschaftsteuer führe, müsse das Familienvermögen so gestellt werden, dass "normale Einfamilienhäuser" durch höhere Freibeträge steuerfrei vererbt werden könnten.

Vom Handelsblatt befragte Ökonomen und Juristen können die Aufregung über die Initiative nicht verstehen. "Man sollte darum nicht so viel Wind machen", sagte der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard. Schließlich seien nur 0,25 Prozent der Steuerzahler betroffen. Für Wiegard ist die Gleichbehandlung von bebauten und unbebauten Grundstücke nicht nur verfassungsrechtlich, sondern auch steuersystematisch geboten. Auch sein Hannoveraner Kollege Stefan Homburg nannte die Initiative "absolut richtig". Trotz der Einführung des Ertragswertverfahrens 1997 seien Immobilien noch zu niedrig bewertet. Es gebe keine Rechtfertigung dafür, Grundbesitz gegenüber Aktien steuerlich zu begünstigen. Der Mannheimer Steuerrechtler Hans-Wolfgang Arndt verwies auf die Vorgaben des Verfassungsgerichts. Es habe 1995 gefordert, Kapitalvermögen und Grundbesitz in etwa gleich zu bewerten. "Bisher lohnt sich noch immer, Grundstücke anstatt Aktien zu vererben".

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