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Wirtschaft: „Erklären kann man das nicht“

Die neue Charme-Offensive: Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann im ersten großen TV-Interview

Berlin - Josef Ackermann lacht. Bevor die Kameras auf Sendung gehen, strahlt der Chef der Deutschen Bank ins Studio der ZDF-Talkshow „Berlin Mitte“. Ackermann wirkt aufgeräumt und konzentriert. Trotzdem friert sein Lachen einen Moment lang ein. So als sei Deutschlands umstrittenstem Banker gerade in letzter Sekunde bewusst geworden, dass er tatsächlich gleich die Fragen von Maybrit Illner beantworten muss. Nicht live und zu später Sendestunde am Donnerstagabend – aber vor großem Fernsehpublikum. Es ist eine Premiere für den Chef der größten Bank Deutschlands.

Als die Sendung läuft, entspannt sich Ackermanns Mimik jedoch schnell. „Ich bin froh, heute mal bei Ihnen sein zu dürfen“, sagt er, nachdem Illner ihn mit kritischen O-Tönen von Passanten auf der Straße konfrontiert hat. Das Interview biete ihm die Gelegenheit, seine „reale Person darzustellen“, sagt Ackermann.

Und der real existierende Banker zeigt sich besorgt über das schlechte Image seines Geldhauses. „Schließlich geht es am Ende um unsere Kunden.“ In den vergangenen Monaten ist so ziemlich alles schief gegangen, was in der Öffentlichkeitsarbeit einer Bank schief gehen kann. Das Victory-Zeichen beim Mannesmann-Prozess, der in einem Atemzug mit Milliardengewinnen angekündigte Stellenabbau – Ackermann machte eine miserable Figur. Seine Mutter habe ihn am Abend nach der Verbreitung des Victory-Fotos angerufen und gefragt: „Was machst du da“?. Spätestens als Franz Münteferings Heuschrecken-Vergleich die Deutsche Bank zu einem Beispiel für den Raubtierkapitalismus machte, müssen Ackermanns PR-Berater dem Chef empfohlen haben, öffentlich gegenzusteuern.

Die Attacke des SPD-Chefs habe er ein „bisschen schade gefunden“, sagt der Banker im Interview. Da er aber Müntefering noch nicht persönlich getroffen habe, wolle er auch nicht mehr sagen. „Ich habe zu Hause gelernt, dass man sich nicht über Leute äußern soll, die man nicht kennt.“ Verletzt hat ihn hingegen, dass auch CSU-Chef Edmund Stoiber so hart mit ihm ins Gericht ging: „Herr Stoiber weiß sehr genau, was er mir eigentlich verdankt.“ Aber Schwamm drüber, es ist Wahlkampf! „Ich bin nicht nachtragend.“

Wichtiger ist Ackermann, wie es mit der Deutschen Bank weiter geht. Und da sieht sich der Schweizer auf gutem Weg. Gleich mehrfach betont er, dass Deutschland eine große Bank brauche, die „die deutsche Volkswirtschaft weltweit begleiten kann“. Mit einer Bilanzsumme von 900 Milliarden Euro und einem Vorsteuergewinn von vier Milliarden Euro sei die Bank zwar schon „sehr, sehr groß“. Es stelle sich trotzdem die Frage: „Wollen wir noch größer werden? Und die Antwort ist selbstverständlich ja.“ In Osteuropa, wo die Deutsche Bank zu wenig unternommen habe, schaue man sich gerade ein paar Adressen an. „Vielleicht kaufen wir die eine oder andere.“

Dass die Deutsche Bank ihrerseits gekauft werden könnte, etwa vom weltgrößten Finanzkonzern Citigroup, schließt Ackermann aus. „Wir wollen das nicht“, sagt er. Und eine freundliche Übernahme? „Die bieten wir nicht an.“ Dass es anders kommen könnte, fürchtet indes Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller. „Es besteht die reale Möglichkeit, dass es künftig keine deutsche Großbank mehr geben wird“, sagte Müller, zugleich Präsident des Bankenverbands, am Donnerstag. Ackermann scheinen die Spekulationen nicht zu interessieren. Stattdessen gibt er sich im Gespräch selbstkritisch. „Kein Mensch schafft gerne Stellen ab – ich schon gar nicht“, sagt er mit Blick auf die 6400 Arbeitsplätze, die er streichen muss, „weil es nötig ist“.

Applaus gibt es in „Berlin Mitte“ für Ackermann nicht. Nur einmal für Maybrit Illner, als sie wissen will, wie man ein Jahresgehalt von 10,1 Millionen am besten anlegt. Ackermann lacht: „Das ist viel Geld, das ist klar… Erklären kann man das nicht.“ Immerhin ein paar Erklärungsversuche sind ihm an diesem Abend gelungen. Doch was Josef Ackermann klar ist, dürfte dem Publikum häufig verschlossen geblieben sein. Die Deutsche Bank – ein Paralleluniversum. Der Chef wird noch ein paar Interviews geben müssen, wenn er mit seiner Bank in der deutschen Öffentlichkeit ankommen will.

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