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In Kauflaune. Obwohl die Umsätze im Einzelhandel zurückgegangen sind, ist das Konsumklima in Deutschland gut.

© dpa

Einzelhandel: Erlöse gehen im September unerwartet zurück

Die Umsätze der Einzelhändler sind eingebrochen. Das schürt die Angst vor einer Rezession.

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Die Konsumfreude der Deutschen war lange ein Stabilitätsgarant: Während politische Krisen die Welt verunsicherten, Auftragsbücher leer blieben und Sanktionen Landwirtschaft und Industrie belasteten, rettete der kleine Mann Monat für Monat die Konjunktur. Der neue Fernseher oder die neue Einbauküche kompensierten manches, was gar nicht glänzend lief – in heimischen Wohnzimmern wie im Wirtschaftsbarometer. Umso größer ist nun die Sorge: Der Umsatz im Einzelhandel ist im September merklich eingebrochen. Gegenüber dem Vormonat ging er um 2,9 Prozent zurück, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Der Rückgang ist damit so heftig wie seit 2007 nicht mehr.

Ist das der Anfang vom Ende, der Beginn einer Rezession? „Das Risiko hat zugenommen“, urteilt Analyst Christian Schulz von der Berenberg Bank. Vor Bekanntgabe der Einzelhandelsdaten hatten die meisten Experten für das dritte Quartal noch mit einem minimalen Wirtschaftswachstum von 0,1 Prozent gerechnet. Dieses Gesamtplus scheint jetzt gefährdet. Am 14. November will das Bundesamt eine erste Schätzung abgeben. Mehr Klarheit könnte aber schon die nächste Woche bringen: Dann werden die Daten zu Industrieproduktion und Exporten vorgelegt.

Auch der Onlinehandel spürt die geringe Kauflust der Deutschen

Am Mittwoch hatte bereits der Verband der Internet- und Versandhändler nach zwei ernüchternden Quartalen erklärt, dass konjunkturelle Schwankungen eben auch am Einzelhandel nicht spurlos vorbeigingen. Die bislang so dynamische Branche erwartet zwar nach wie vor ein vergleichsweise stattliches Plus im mittleren einstelligen Prozentbereich, musste ihre Wachstumsprognose für das Gesamtjahr jedoch um ganze zehn Prozentpunkte nach unten korrigieren.

Andreas Rees von der Hypo-Vereinsbank möchte die Daten eines einzelnen Monats nicht überbewerten – sieht die Konjunktur aber generell in schwierigem Fahrwasser: „Das vierte Quartal wird sehr schwach mit einer stagnierenden Wirtschaftsleistung“, sagte er dem Tagesspiegel. Die Schwächephase könne sogar Anfang 2015 noch anhalten.

An den für Konsum positiven Rahmenbedingungen hat sich dabei grundsätzlich nichts geändert. Dank vieler neuer Stellen in den vergangenen Jahren und gestiegener Löhne haben die Deutschen Geld zum Ausgeben. Und da die Zinsen, die es auf gespartes Geld gibt, gegen null tendieren, spricht auch weiter viel dafür, dies auch zu tun.

Die Deutschen sind gut ausgestattet mit

Woran liegt es dann? Sind langsam schlichtweg alle zuvor aufgeschobenen Anschaffungen getätigt? Tatsächlich waren die im Vorjahresvergleich stärksten Warengruppen im September Lebensmittel, Getränke und Tabakwaren, zeigt die Statistik des Handelsverbands (HDE).

Doch auch fast alle anderen Segmente konnten gegenüber dem Herbst 2013 zulegen, beruhigt man dort. „Was wir sehen, ist vor allem eine schwache Entwicklung bei Bekleidung“, sagt HDE-Geschäftsführer Kai Falk. Schuld daran sei vor allem das Wetter: Der Sommer, der lange ausblieb, erfreute die Deutschen, als schon die Mäntel in den Läden hingen. „Die Lust auf Wintermode war bei den warmen Temperaturen nicht ausgeprägt“, erklärt Falk. Das Geschäft mit Kleidung verfehlte das Vorjahresniveau um ganze 7,3 Prozent und zog somit das Gesamtergebnis kräftig nach unten. Hinzu kommt, dass die Sommerferien in diesem Jahr im Schnitt ungewöhnlich spät lagen – die Hälfte aller Bundesländer hatte bis in den September hinein Sommerpause, vier sogar bis Mitte des Monats.

Das Geschäft mit Winterkleidung soll die Einbußen wettmachen

Das lässt hoffen, dass der Oktober nun einiges wettmachen kann – „das Geschäft mit der klassischen Winterkleidung startet erst jetzt richtig“, meint der Handelsverbandschef. Übers Jahr betrachtet sei die Entwicklung durchaus stabil: Seit 2010 waren die Umsätze der Einzelhändler stetig gewachsen, zuletzt allerdings um nur noch schwache 0,2 Prozent. 2014 sollen es wieder 0,5 Prozent sein. Dafür spricht, dass sich die Verbraucherstimmung im Oktober wieder aufhellte, wie das Marktforschungsunternehmen GfK ermittelt haben will.

Auch Andreas Rees von der Hypo-Vereinsbank glaubt nicht an eine tiefe, lange Rezession mit zwei aufeinander folgenden Minus-Quartalen. „Wir werden nicht in ein tiefes Loch fallen.“

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