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Wirtschaft: Ernte auf Kosten des Steuerzahlers

Pro Jahr zahlt der Bund fünf Milliarden Euro an die Bauern

Berlin (pet). Wenn ein kleiner Bauer seine großen Rindviecher versichern will, dann darf er sich der Unterstützung des deutschen Steuerzahlers sicher sein – vorausgesetzt, sein Stall ist nicht allzu voll. Denn nur Viehversicherungen, bei denen die Versicherungssumme insgesamt 4000 Euro nicht übersteigt, sind steuerfrei. Ziel der Maßnahme, erklärt der Subventionsbericht der Bundesregierung, ist die „Begünstigung der Viehhaltung in kleineren Betrieben“.

Die Hilfen für die Landwirte sind noch immer einer der größten Posten in der Subventionsliste des Bundes. Im vergangenen Jahr flossen 8,1 Prozent aller Subventionen in die Landwirtschaft, das sind rund 5,2 Milliarden Euro. Wenn sich der Bauer unfallversichert, wenn er mit seinem Traktor übers Feld fährt, wenn er sich einen neuen Betrieb einrichtet oder ihn aufgibt, darf er sich der Unterstützung des Bundes sicher sein. Dabei machen die Bundeshilfen den kleineren Teil der Bauernhilfen aus. Zusätzlich spendierte Brüssel im vergangenen Jahr 6,7 Milliarden Euro für die Produktion von Milch und Rindfleisch oder die Aufforstung – auch für diese Subventionen musste der deutsche Steuerzahler mitzahlen.

Aber das Klima für die Landwirte wird rauer. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) will den Bauern an die Ernte. Er will die pauschale Gewinnbesteuerung für Kleinbauern abschaffen und die Vorsteuerpauschale bei Land und Forstwirten von neun auf sieben Prozent absenken. Geht es nach den Ökonomen, könnte er auch bei den direkten Subventionen kräftig holzen. „Viele Subventionen dienen nur der Erhaltung des Status-Quo“, sagt der Kieler Agrarökonom Ulrich Köster, „die kann man reduzieren oder auslaufen lassen.“ So seien die Investitionsbeihilfen für Junglandwirte das falsche Signal. „Es macht keinen Sinn, Leute in einen Sektor zu locken, den man zurückfährt.“ Dagegen sei es durchaus sinnvoll, Staatsgeld in Agrarumweltprogramme zu investieren. Fallen Beihilfen weg, werden die Gegenleistungen der EU gestrichen.

Der Göttinger Agrarökonom Stephan von Cramon-Taubadel plädiert angesichts der schwindenden Zahl der Bauern dafür, die landwirtschaftlichen Sozialkassen aufzulösen und mit der Bundesknappschaft oder den gesetzlichen Kassen zu verschmelzen. „Es gibt keine volkswirtschaftliche Begründung dafür, sich ein gesondertes System zu leisten“, sagt von Cramon-Taubadel. Aus den Sozialkassen werden die Renten für die Bauern, die Unfall- und Krankenversicherungen bezahlt. Zuschüsse an diese Kassen, für die 6800 Beschäftigte arbeiten, machen 70 Prozent oder 3,9 Milliarden Euro der Agrarsubventionen aus.

Bundesagrarministerin Renate Künast hat zwar angekündigt, im Haushalt 2004 den Zuschuss an die Landwirtschaftlichen Sozialkassen zu kürzen. Für die Agrarsozialpolitik bleiben aber trotzdem noch 3,8 Milliarden Euro übrig.

Auch beim Agrardiesel plant Künast Einschnitte. Schon seit 1951 fahren deutsche Bauern mit steuerbegünstigtem Sprit über Land. Die Bundesregierung will damit erreichen, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Höfe im Vergleich zu anderen EU-Staaten gestärkt wird. 2002 führte diese Subventionierung zu Ausfällen bei der Mineralölsteuer von 297 Millionen Euro. Künast kürzt: 157 Millionen Euro an Steuergeschenken sollen gestrichen werden. Der agrarpolitische Sprecher der SPD, Matthias Weisheit, glaubt allerdings noch nicht an den Erfolg. „Jeder Einschnitt bringt Ärger“, sagt er. „Wenn wir nur die Hälfte der Kürzungspläne durchsetzen, mache ich einen Freudensprung.“

Subventionsland Deutschland – in dieser Serie berichtet der Tagesspiegel über die milliardenschweren finanziellen Wohltaten des Staates für Bürger und Wirtschaft. Morgen: Wie der Staat bei der Innenhof-Begrünung hilft.

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