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Wirtschaft: Escada soll sich vom Charme der 80er Jahre befreien Degussa mit halber Milliarde Euro Verlust

Der neue Vorstandschef Rheinboldt will die Läden modernisieren – wann der Modehersteller wieder Dividende zahlt, lässt er offen Das Chemieunternehmen geht von der Börse – als Teil des Mutterkonzerns RAG soll es zurückkehren

Berlin - Der neue Chef des Luxus-Damenmodeherstellers Escada will alles anders machen: Die Kollektionen, das Image und die internen Abläufe müssten verbessert werden, sagte der Vorstandsvorsitzende Frank Rheinboldt am Freitag in München. „Wir sind ein Unternehmen im Aufbruch.“ In den kommenden zwei Jahren will Rheinboldt allein 25 Millionen bis 35 Millionen Euro in den Umbau und die Renovierung von 70 bis 90 der insgesamt 201 eigenen Escada-Läden investieren. „Bei einem Laden mit dem Charme der 80er ist die Hemmschwelle einzutreten eher groß“, sagte er. Die Einheitlichkeit der Läden soll auch zum besseren Image der Marke beitragen.

Rheinboldt (39) hat seinen Posten erst am 1. Februar angetreten. Sein Vorgänger war Wolfgang Ley (68). Der hatte das Unternehmen 1976 zusammen mit seiner Frau Margaretha in München gegründet. Gemeinsam brachten der ehrgeizige junge Unternehmer und das Model eine erste Damenmode-Kollektion heraus und gründeten das Label Escada. Der Name ist keine Abkürzung, sondern stammt von einem irischen Vollblut. Margaretha Ley kümmerte sich um den kreativen Teil, Wolfgang Ley um Finanzen, Verkauf, Marketing und Produktion. Mit hochwertiger Mode machten sie Escada zu einem erfolgreichen Unternehmen, dass sie 1986 an die Börse brachten. Bundeskanzlerin Angela Merkel kleidet sich für große Auftritte gern bei Escada ein, auch Hollywood-Schauspielerinnen wie Catherine Zeta-Jones tragen Modelle aus dem Münchner Modehaus.

1992 starb die Chefdesignerin Margaretha Ley, was einige Turbulenzen im Unternehmen auslöste. Die Terroranschläge vom 11. September in New York, die Lungenkrankheit Sars, die Konsumflaute in Deutschland – die schwierigen Rahmenbedingungen führten den Luxusmodekonzern Escada in die Krise. Ley leitete einen rigiden Sparkurs ein. Erst vor gut einem Jahr ist das Unternehmen in die Gewinnzone zurückgekehrt.

Der neue Chef will nun den Anteil von luxuriöser Alltagsmode an der gesamten Kollektion wieder erhöhen: „Ein Blazer für 600 oder 700 Euro lässt sich leichter verkaufen als einer mit aufwändigen Stickereien für 1000 Euro“, sagte Rheinboldt. Zudem soll das bislang eher enttäuschende Geschäft mit Accessoires neu positioniert werden. „Da gibt es erhebliches Verbesserungspotenzial.“

Escada habe alle Chancen, die Phase profitablen Wachstums fortzusetzen, sagte der neue Vorstandschef. Das erste Quartal des Geschäftsjahres 2005/06, das am 31. Oktober endet, habe eine gute Basis für die weitere Entwicklung gelegt. Im ersten Quartal setzte Escada 166,7 Millionen Euro um, im Vorjahresquartal waren es 160,1 Millionen Euro gewesen. Der Gewinn nach Steuern lag mit 6,2 Millionen nur leicht über dem Vorjahresniveau von 5,9 Millionen Euro.

Wann Escada wieder eine Dividende zahlt, ließ Rheinboldt offen. Im Februar hatte der neue Vorstandschef die von seinem Vorgänger Ley noch im Dezember in Aussicht gestellte Dividende für das vergangene Geschäftsjahr wieder abgesagt. Man wolle sich zunächst auf die Stärkung der Eigenkapitalbasis konzentrieren, hieß es zur Begründung. Escada sei aber grundsätzlich ein dividendenfreundliches Unternehmen, sagte Rheinboldt nun. vis/rtr

Düsseldorf/Berlin - Der weltgrößte Spezialchemiekonzern Degussa ist im vergangenen Jahr tief in die roten Zahlen gerutscht und wird seinen Aktionären deshalb keine Dividende zahlen. Trotzdem will Degussa zum Motor für den Börsengang des Mutterkonzerns RAG werden. „Wir werden der tragende Eckpfeiler der Börsenstory sein“, sagte Vorstandschef Utz-Hellmuth Felcht am Freitag bei der Bilanzvorlage in Düsseldorf.

Der Essener Mischkonzern RAG plant für 2007 den Gang an den Kapitalmarkt. Zuvor soll die Tochterfirma Degussa, die mehr als 80 Jahre an der Börse notiert war, vollständig übernommen werden und damit endgültig vom Kurszettel verschwinden. Nachdem die RAG inzwischen mehr als 96 Prozent an Degussa hält, könnten die verbleibenden Kleinaktionäre schon auf der kommenden Degussa-Hauptversammlung über ein so genanntes Squeeze Out aus der Gesellschaft gedrängt werden. Erst vor kurzem war Degussa deshalb aus dem Aktienindex M-Dax herausgenommen worden.

Neben dem Chemiegeschäft ist die RAG (ehemals Ruhrkohle AG) im Steinkohlebergbau, in der Stromerzeugung und im Immobiliengeschäft tätig. Der Börsengang des Unternehmens soll mit Hilfe der Politik vonstatten gehen. Dabei sollen Bund und Länder den Erlös aus dem Verkauf der Aktien erhalten und im Gegenzug die langfristigen Risiken des Bergbaus tragen. Für die RAG sei die vollständige Übernahme der Degussa ein wichtiger Schritt zum Börsengang, betonte Felcht. „Was das Wachstum angeht, liegt die Zukunft bei Degussa.“

Allerdings hatte Degussa im vergangenen Jahr wegen hoher Wertberichtigungen im Feinchemiegeschäft einen Verlust von 491 Millionen Euro verzeichnet. Im Vorjahr hatte Degussa noch einen Gewinn von 298 Millionen Euro erwirtschaftet. Auf die Ausschüttung einer Dividende müssen die Aktionäre nun verzichten. Vor allem die hohen Rohstoff- und Energiepreise machten dem Unternehmen zu schaffen.

Der Umsatz war 2005 hingegen um neun Prozent auf 11,8 Milliarden Euro gestiegen. Klare Zuwächse verzeichnete Degussa vor allem in den Geschäftsfeldern Spezialkunststoffe und in der Bauchemie. Die Bauchemie war aber erst vor wenigen Tagen an den Chemiekonzern BASF für 2,2 Milliarden Euro verkauft worden. Degussa sei durch den Verkauf nicht geschwächt worden, sagte Felcht. Er räumte jedoch ein, dass das Unternehmen einen verlässlichen Ergebnisbringer verloren habe.

Ursprünglich hatte sich der Konzernchef für den Erhalt dieses Bereichs bei Degussa stark gemacht. Der RAG-Vorstandsvorsitzende Werner Müller, der zugleich auch Aufsichtsratschefs von Degussa ist, favorisierte dagegen den Verkauf. Mit den Erlösen kann die RAG den Preis für diejenigen Degussa-Anteile bezahlen, die derzeit noch der Energiekonzern Eon hält. Mit dem Verkauf der Bauchemie verliert Degussa zwar einen wichtigen Umsatz- und Gewinnbringer. Für den weiteren Ausbau des Bereichs hätte das Unternehmen jedoch nicht die Mittel gehabt, rechtfertigte Felcht das Geschäft.

Die Börse zeigte sich am Freitag unbeeindruckt von den Verlusten. Degussa-Titel gewannen 1,2 Prozent auf 42,78 Euro. awm/dpa

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