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Wirtschaft: Etwas weniger Arbeit

Zahl der Jobsuchenden steigt im August um 5000 – von den Börsenturbulenzen ist aber nichts zu spüren

Berlin - Trotz der allmählichen Konjunkturabkühlung bleibt die Arbeitslosigkeit so niedrig wie seit 20 Jahren in einem August nicht mehr. 2,945 Millionen Menschen suchten im abgelaufenen Monat in Deutschland eine Stelle, das waren 5000 mehr als im Juli, teilte die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Mittwoch in Nürnberg mit. Auch in Berlin und Brandenburg ging die Arbeitslosigkeit zurück – die Erwerbslosenquote in der Hauptstadt bleibt aber die höchste der Republik.

Der konjunkturelle Aufschwung verliere zwar an Dynamik, sagte BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise. „Dennoch hat sich die grundsätzlich gute Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt auch im August fortgesetzt.“ Die Zahl der Arbeitslosen sei nur leicht gestiegen. „Die Erwerbstätigkeit und die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wachsen weiter, und die Nachfrage nach Arbeitskräften ist nach wie vor hoch“, erklärte er. Mehr Jobsuchende habe es wegen der Sommerpause gegeben, befand Weise. Ohne den Einfluss der Jahreszeit hätte die Statistik zudem 8000 Arbeitslose weniger ausgewiesen, rechnete er vor.

41,13 Millionen Menschen gehen hierzulande einer Arbeit nach, das sind 527 000 mehr als ein Jahr zuvor. Rund 500 000 Stellen sind überdies derzeit unbesetzt, rund 100 000 mehr als noch vor einem Jahr. Er rechne nicht damit, dass die jüngsten Börsenturbulenzen und die schlechtere Stimmung der Unternehmen die Arbeitsplätze unsicherer machten, sagte Weise. „Diese Stimmungen setzen sich ab von den tatsächlichen Gegebenheiten.“ Daher ist Weise weiter zuversichtlich. „Es sieht so aus, als ob der Arbeitsmarkt die aktuelle Entwicklung wegstecken kann“, sagte Weise. „Ich sehe im Moment keine Konjunkturdelle.“ Generell ist ein Abschwung aber auf dem Arbeitsmarkt als Letztes zu spüren, zuvor trübt sich die Stimmung bei Managern und Börsianern ein, dann sinken die Produktionsmengen in den Betrieben, bevor tatsächlich beim Personal gespart wird.

Viele Betriebe stockten dagegen derzeit weiter ihre Belegschaften auf, setzten aber auf befristete Verträge und Leiharbeit, um flexibel zu bleiben, vermutete BA-Vorstand Raimund Becker. Die meisten neuen Stellen gingen auf das Konto der Industrie: Dort seien binnen eines Jahres 140 000 Jobs entstanden, so viele wie in keiner anderen Branche, erklärte Weise. „Das verarbeitende Gewerbe steht inzwischen an der Spitze der Veränderung; dennoch wird die Zahl der Arbeitsplätze nicht mehr so hoch sein wie vor der Krise.“

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) rechnet damit, dass sich der Beschäftigungsaufschwung fortsetzt. „Insgesamt spricht vieles dafür, dass die Arbeitslosigkeit auch in der zweiten Jahreshälfte auf dem Rückzug bleiben wird“, ließ er erklären. Die neuen Stellen seien aber nicht immer sofort mit Fachkräften zu besetzen. Der Expertenmangel bleibe daher „die zentrale wirtschaftspolitische Herausforderung“. Eckart Tuchtfeld, Arbeitsmarktexperte der Commerzbank, rechnet vorerst mit weiter sinkenden Arbeitslosenzahlen. Erst Ende des Jahres werde sich das schwächere weltwirtschaftliche Umfeld auch auf dem Jobmarkt bemerkbar machen.

Anders als im Bund ging in Berlin die Arbeitslosigkeit leicht um 2600 auf knapp 231000 zurück. Eine solche gegenläufige Entwicklung ist selten, gehört Berlin doch zu den Ländern mit den größten Jobproblemen. Aus den übrigen Ostländern wandern seit Jahren allerdings viele Menschen ab, die in ihrer Region keine Chance mehr sehen. Vor allem im Gesundheits- und Sozialwesen sowie auf dem Bau hätten die Firmen Personal gesucht, erklärte Margit Haupt-Koopmann, Chefin der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg. In Brandenburg ging die Zahl der Jobsuchenden um 2500 auf 138 000 zurück. Die Arbeitslosenquoten – 13,3 Prozent in Berlin und 10,3 Prozent in Brandenburg – gehören weiter zu den höchsten der Republik. Bester im Osten ist Thüringen mit 8,5 Prozent. In Gesamtdeutschland liegt Bayern mit 3,7 Prozent vorn.

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