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Wirtschaft: EU-Gericht verbietet weitere Goldene Aktien

Spanien und Großbritannien müssen Schutz vor feindlichen Übernahmen abschaffen/Niedersachsen verteidigt VW-Gesetz

Berlin (fw). Die Bundesregierung gerät beim VolkswagenGesetz immer mehr unter Druck. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Bestimmungen Großbritanniens und Spaniens über „Goldene Aktien“ gekippt, die Unternehmen vor feindlichen Übernahmen schützen. Das Gericht entschied am Dienstag, dass die Vorschriften den freien Kapitalverkehr im Binnenmarkt behinderten. Die EU-Kommission hatte im März bereits ein Verfahren gegen Deutschland wegen des Gesetzes eingeleitet.

Mit der neuen Entscheidung des EuGH kann die Kommission nun verstärkt Druck auf die Bundesregierung ausüben. „Wir werden die neuen Erkenntnisse natürlich in unsere Beurteilung mit einbeziehen“, sagte der Sprecher von Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein am Dienstag dem Tagesspiegel. Der Ministerpräsident von Niedersachsen, Christian Wulff (CDU), sieht in dem Urteil jedoch keine Relevanz für das VW-Gesetz: „Das VW-Gesetz ist kein Fall von Goldenen Aktien“, sagte er dem Tagesspiegel. „Die Stimmrechtsbeschränkungen gelten für jeden, egal ob staatlich oder privat“, sagte er. Ein anderer Fall müsse auch anders behandelt werden.

Das VW-Gesetz (siehe Lexikon) stört die Kommission schon lange: Es beschränkt die Stimmrechte im Aufsichtsrat auf höchstens 20 Prozent, mit einer Sperrminorität von ebenfalls 20 Prozent. So hat das Land Niedersachsen mit seinem 18-prozentigen Anteil praktisch ein Veto-Recht gegen feindliche Übernahmen. Der Kommissionssprecher wies darauf hin, dass die aktuelle EuGH-Entscheidung bei der britischen Regelung besonders relevant für das VW-Gesetz sei, da es sich hier um einen ähnlichen Fall handele.

Sie schützt die internationalen Flughäfen des Königreichs vor Übernahmen. Die britische Regierung ist im Besitz einer Sonderaktie, die ihr ein Veto beim Verkauf von Anteilen einräumt. In Spanien erlaubt eine Sonderregelung der Regierung ein Vetorecht bei Anteilsverkäufen von Öl-, Energie- und Telekommunikationskonzernen.

In beiden Fällen behinderten diese Goldenen Aktien den freien Kapitalverkehr zwischen EU-Mitgliedsstaaten, erklärte jetzt der EuGH. Die Regelungen seien zudem nicht mit dem EU-Recht zu rechtfertigen, das Regierungen beispielsweise zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit eine besondere Stellung bei Firmen einräume. Die Sonderstimmrechte dienen Regierungen insbesondere dazu, unerwünschte Übernahmen der betroffenen Firmen zu verhindern. In drei Urteilen zu Portugal, Frankreich und Belgien hatte der EuGH im Juni 2002 verlangt, dass hinter dem staatlichen Einfluss „ein allgemeines berechtigtes Interesse“ stehen müsse. Bis zum 20. Juni muss die Bundesregierung mit der EU-Kommission eine Einigung erzielen und deswegen Teile des VW-Gesetzes ändern – sonst droht ihr auch eine Klage vor dem EuGH.

Niedersachsens Ministerpräsident Wulff beharrte am Dienstag jedoch auf seiner Position. „Die Stimmrechtsbeschränkung hat sich bewährt und zu einer breiten Streuung der VW-Aktie geführt“, sagte er. Die Stellungnahme an die Kommission werde klarstellen, dass das VW-Gesetz den freien Kapitalverkehr nicht behindere.

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