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Wirtschaft: EU-Kommission zweifelt an deutschem Defizitplan Brüssel hält Eichels Konjunkturprognosen für zu optimistisch

Brüssel (rut/HB). In der EUKommission gibt es Zweifel an der Konjunkturprognose der Bundesregierung für das kommende Jahr.

Brüssel (rut/HB). In der EUKommission gibt es Zweifel an der Konjunkturprognose der Bundesregierung für das kommende Jahr. Die von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) genannte Wachstumsrate von 1,5 Prozent sei voraussichtlich nicht erreichbar, hieß es in EU-Kommissionskreisen. Die Zahl ist im deutschen Stabilitätsprogramm enthalten, das Eichel vor Weihnachten in Brüssel abgeliefert hat.

Die EU-Kommission hatte im November in ihrer Herbstprognose eine deutsche Wachstumsrate von 1,4 Prozent für das kommende Jahr in Aussicht gestellt. „Es ist nicht auszuschließen, dass wir diese Zahl in unserer Frühjahrsprognose nach unten revidieren müssen", hieß es in den Kreisen. Intern geht die Kommission jetzt offenbar davon aus, dass die deutsche Wirtschaft 2003 nur um rund ein Prozent wachsen wird. Diese Zahl nennen inzwischen auch namhafte deutsche Wirtschaftsforschungsinstitute. In Brüssel wird damit gerechnet, dass auch die Bundesregierung ihre Konjunkturprognose nach unten korrigieren wird. „Wir sind gespannt, welche Zahl Bundeswirtschaftsminister Eichel Ende Januar in seinen Jahreswirtschaftsbericht hineinschreibt", hieß es in Kommissionskreisen.

Sorge bereitet der EU-Kommission auch der Zustand der deutschen Staatsfinanzen. Schon am 8. Januar, also in der ersten Sitzung nach der Weihnachtspause, wird sich die Kommission mit dem Haushaltsdefizit beschäftigen. In diesem Jahr drohten die Fehlbeträge in den Budgets von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen sogar auf 3,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigen, heißt es in EU-Kreisen. Das ist mehr, als Eichel bislang zugegeben hat. In seinem Stabilitätsprogramm beziffert Eichel die Defizitquote für 2002 mit 3,75 Prozent.

Der nochmalige Anstieg der Schuldenquote in diesem Jahr spiele jetzt aber keine große Rolle mehr, hieß es in Brüssel. An dem deutschen Verstoß gegen die Sparvorschriften des Europäischen Stabilitätspaktes sei ohnehin nichts mehr zu ändern. Deshalb hatte die EU-Behörde bereits im November ein Strafverfahren wegen eines übermäßigen Defizits gegen Deutschland eingeleitet.

Der EU-Kommission kommt es jetzt darauf an, dass Deutschland seine Staatsfinanzen im kommenden Jahr wieder in Ordnung bringt. Die Defizitquote müsse 2003 unbedingt wieder unter den erlaubten EU-Grenzwert von 3,0 Prozent sinken. Das wird EU-Wirtschaftskommissar Pedro Solbes der Bundesregierung am 8. Januar ins Stammbuch schreiben.

Der EU-Finanzministerrat wird die Mahnung des Kommissars am 21. Januar wohl bekräftigen - und zwar aller Voraussicht nach mit ausdrücklicher Billigung des Bundesfinanzministers. Eichel will die Brüsseler Strafprozedur allem Anschein nach dazu nutzen, um unpopuläre Einsparungen innenpolitisch auch gegen den Widerstand aus den eigenen Reihen durchsetzen zu können. Zusätzliche Ausgabenkürzungen sind nach Einschätzung der EU-Kommission unbedingt notwendig. Andernfalls werde die Verbotsgrenze von 3,0 Prozent nächstes Jahr erneut überschritten.

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