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Wirtschaft: EU-Länder wollen wegen Dürre Hilfe aus Brüssel

Deutschland, Österreich, Italien und Frankreich fordern Geld für ihre Bauern / Bauernverband spricht von „Jahrhunderttrockenheit“

Berlin (fw). Wegen der anhaltenden Dürre fordern Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich Hilfe von der Europäischen Kommission. Die vier Staaten, denen sich wahrscheinlich auch noch Spanien und Portugal anschließen werden, wollen am Dienstag auf dem Rat der Agrarminister in Brüssel das Thema auf den Tisch bringen, sagte ein Sprecher des Ministerrats dem Tagesspiegel am Montag.

Besprochen werden soll einerseits das Vorziehen der Direktbeihilfen für die Bauern, die normalerweise erst im Winter ausgezahlt werden. Die EUMitgliedstaaten wollen aber auch die Genehmigung von der Kommission erbitten, nationale Beihilfen zu gewähren. Auch die Zuleitung von Geld aus dem Katastrophenfonds, aus dem auch das Geld während der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr floss, soll auf den Tisch kommen. Finanzielle Hilfen aus dem mit einer Milliarde Euro dotierten Fonds zu bekommen, sei jedoch schwierig, sagte der Ministerratssprecher. Dafür müsse der Schaden der Dürre schon ein sehr großes Ausmaß haben.

Wegen der anhaltenden Dürre drohen den Landwirten europaweit dramatische Ernteeinbußen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, sprach von einer „Jahrhunderttrockenheit“, die in Deutschland zu katastrophalen Einbrüchen um bis zu 80 Prozent führe. Bei Raps, Kartoffeln und Getreide gebe es momentan Erlösverluste von einer Milliarde Euro gegenüber dem Vorjahr. In den besonders betroffenen Gebieten wie Sachsen, Brandenburg und Bayern seien bis zu einem Sechstel der Bauernhöfe existenziell bedroht.

Sonnleitner fordert nun rasche Finanzhilfen des Bundes. Bundesagrarministerin Renate Künast (Grüne) und Sonnleitner wollten am Montagabend bei einem Krisentreffen mögliche direkte Finanzhilfen erörtern, bevor Künast am Dienstag dann nach Brüssel reist. Neben den vorgezogenen Ausgleichszahlungen fordert der Bauernverband direkte Finanzhilfen von Bund und Ländern. Auch mit der Stundung von Steuerschulden oder Pachtzahlungen für staatliche Flächen könnten finanzielle Engpässe überbrückt werden, hieß es beim Bauernverband.

Ohne die Genehmigung aus Brüssel darf die Agrarministerin jedoch keine zusätzlichen Finanzhilfen gewähren. Nur wenn die Produktion um mehr als 30 Prozent zurückgeht, darf die Bundesregierung Beihilfen zahlen. Die offiziellen Zahlen über die Ernteausfälle lägen aber „frühestens nächste Woche“ vor, hieß es am Montag im Verbraucherministerium. Bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank Frankfurt/Main wurde bereits ein Kreditprogramm für dürregeschädigte Betriebe aufgelegt. Außerdem hatte die Bundesregierung Anfang Juli von der EU-Kommission die Genehmigung bekommen, auf eigentlich stillgelegten Flächen Futter anbauen zu dürfen.

Der Agrarexperte und Europaabgeordnete (Grüne) Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf kritisierte die Forderungen des Bauernverbands gegenüber dem Tagesspiegel als „überzogen“ und warnte vor Schnellschüssen. Beihilfen, die über die Ausgleichszahlungen hinausgingen, seien nicht nötig. Die Bauern müssten mit Trockenheit und Nässe rechnen. Dass die landwirtschaftliche Rentenbank mit Krediten aushelfe, hieß Baringdorf gut. Das helfe den Betrieben aus der Liquiditätskrise. Falls nicht die vollen Beihilfen vorgezogen werden könnten, müsse bei der Verteilung der vorhandenen Summe darauf geachtet werden, dass auch kleinere Betriebe Mittel abbekämen, forderte Baringdorf.

Unter der Dürre müssen auch die Verbraucher leiden – denn die Preise für einige Gemüse werden steigen, sagte Karl-Dieter Wasmund von der Zentralen Zentrale Markt- und Preisberichtstelle (ZMP). Der Blumenkohlpreis habe sich bereits verdoppelt, auch bei Salat und Kartoffeln sei in den nächsten Wochen mit höheren Preisen zu rechnen.

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