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Wirtschaft: EU macht Zugeständnis bei Stabilitätspakt

Flutkosten werden bei Defizit-Berechnung berücksichtigt / Zentralbank will Zinsen nicht senken

Kopenhagen (tog). Die EU-Kommission will die Schäden durch das Hochwasser in Deutschland und Österreich bei der Berechnung der Staatsdefizite berücksichtigen. „Im Rahmen des Stabilitätspakts“ (siehe Lexikon Seite 16) werde dies in die Berechnungen einfließen, sagte EU-Finanzkommissar Pedro Solbes auf dem informellen Treffen der EU-Finanzminister am Wochenende in Kopenhagen. Gleichwohl sind die Auswirkungen des Hochwassers auf die Verschuldung nach Ansicht der EU-Kommission verhältnismäßig gering. Die Brüsseler Behörde erwartet von beiden Ländern, dass sie sich an die Vorgaben des Euro-Stabilitätspakts halten.

Sollte Deutschland bei der Neuverschuldung die Grenze von drei Prozent des Bruttoinlandprodukts überschreiten, muss nach den Regeln des Pakts ein Verfahren gegen Deutschland eingeleitet werden. Dann wird Brüssel genau berechnen, wie hoch die Zusatzbelastung durch das Hochwasser ist. Nur von diesen Zusatzlasten, die vom Gesamtdefizit abgezogen werden, wird die Bundesregierung freigestellt. Der Stabilitätspakt sieht vor, dass der EU-Finanzministerrat bei ,,außergewöhnlichen Ereignissen“, die eine Überschreitung der Defizitgrenze erzwingen, auf Strafen verzichten kann.

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hat in Kopenhagen den Willen Berlins bekräftigt, trotz der Zusatzbelastungen durch die Flut an den Stabilitätszielen festzuhalten. Außerdem will die Bundesregierung spätestens 2004 einen ausgeglichenen Staatsetat vorlegen. Der Wiederaufbau in den Hochwassergebieten werde die Beschäftigung anregen.

Frankreich dagegen hat in Frage gestellt, dass es 2004 einen ausgeglichenen Etat erreichen wird. „Der Geist des Stabilitätspaktes ist wichtiger als eine buchstabengetreue Betrachtung“, sagte Frankreichs Finanzminister Francis Mer. „Vielleicht werden wir zu dem Ergebnis kommen, dass 2004 nicht möglich ist.“ Nächstes Jahr müsse man über die Berücksichtigung von Investitionen bei der Defizitberechnung nachdenken.

Die EU-Finanzminister waren sich einig, dass ungeachtet des schwachen Wachstums in der EU andere Wirtschaftsdaten durchaus gut seien. Der Euro habe sich als stabil erwiesen und gewinne an Stärke. Die Europäische Zentralbank (EZB) will die schwache Konjunktur mit Leitzinssenkungen nicht anschieben. Wim Duisenberg, Präsident der EZB, lehnte dies in Kopenhagen „jetzt und für die absehbare Zukunft“ ab. Die Zinsen und die Inflation seien niedrig. Der Wirtschaft stehe genug Liquidität zur Verfügung. Deshalb sehe er derzeit keinen Anlass, seine Zinspolitik zu verändern. Außerdem seien die Möglichkeiten der EZB zur Konjunkturbelebung gering. „Man kann die Pferde zum Brunnen führen, aber nicht zum Trinken zwingen“, sagte er.

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