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Wirtschaft: EU-Präsident Prodi lockt Briten in die Währungsunion

EU-Kommissionspräsident Romano Prodi hat in Großbritannien mit Äußerungen, die von britischen Politikern und Medien als das Angebot einer "Schnuppermitgliedschaft" in der Eurozone gedeutet wurden, für Aufregung gesorgt. In einem Interview mit der konservativen Zeitschrift "The Spectator" sagte Prodi, Großbritannien könne bei "außergewöhnlichen Umständen" die Euro-Währung auch wieder verlassen.

EU-Kommissionspräsident Romano Prodi hat in Großbritannien mit Äußerungen, die von britischen Politikern und Medien als das Angebot einer "Schnuppermitgliedschaft" in der Eurozone gedeutet wurden, für Aufregung gesorgt. In einem Interview mit der konservativen Zeitschrift "The Spectator" sagte Prodi, Großbritannien könne bei "außergewöhnlichen Umständen" die Euro-Währung auch wieder verlassen. Die britische Regierung will die Frage eines Beitritts zum Euro durch eine Volksabstimmung entscheiden lassen.

"Im Vertrag gibt es keine Klausel für einen Austritt. Das ist klar", sagte Prodi. "Aber in einem extremen Fall kann man sich vorstellen, dass Texas beispielsweise den Dollar verlässt. Das steht ja auch nicht in der US-Verfassung."

Auf die ungläubige Frage "Wollen Sie wirklich sagen, dass Mitglieder des Euro sich auch dafür entscheiden können, wieder auszutreten?", antwortete der Kommissionspräsident: "Wenn es außergewöhnliche Umstände gibt und wenn das nicht in einer feindseligen Weise gegenüber der EU geschieht. Man kann das nicht genau vorhersahen." Theoretisch könne ein Land wieder zu seiner alten Währung zurückkehren und Mitglied der EU bleiben, bestätigte er die Nachfrage.

Der Vorsitzende der Londoner Börse, Don Cruickshank, sagte am Freitag, er sei "überrascht, solche Bemerkungen von Prodi zu hören, weil sie den geltende Verträgen widersprechen". Nach einem Bericht des britischen Rundfunks BBC hat ein Sprecher des Kommissionspräsidenten die Äußerungen Prodis inzwischen relativiert: Es gebe "keine Schnuppermitgliedschaft": "Irgendein Austritt steht überhaupt gar nicht zur Debatte."

Der finanzpolitische Sprecher der konservativen Opposition, Michael Portillo, nahm vor allem Anstoß an einer Bemerkung Prodis, die Briten hätten "innerhalb eines Wochenendes" bereits einmal ihre Haltung zu einem EU-Beitritt geändert. Die Euro-Schwäche wird nach Ansicht des Bundesbankpräsidenten Ernst Welteke keinen langen Bestand haben. "In jeder Überreaktion liegt schon der Keim zur Korrektur", sagte Welteke am Freitag bei der Feier zum Wechsel an der Spitze der baden-württembergischen Landeszentralbank in Stuttgart.

Der Euro habe sich als ausgesprochen würdiger Nachfolger der D-Mark erwiesen, sagte Welteke mit Blick auf die Preisstabilität in der Euro-Zone. Die Devisenmärkte ließen die positiven Wirtschaftsentwicklungen im Euroraum bislang kaum in die Bewertung des Euro-Dollar-Kurses einfließen, sagte Welteke. Der schwache Außenwert der europäischen Währung mache auch Sorgen, weil er die innere Stabilität gefährden könne und mit dem Wechselkurs Stimmung gegen den Euro gemacht werde.

Die Europäische Zentralbank hat bei der Festlegung der Referenzkurse am Freitagnachmittag für die europäische Währung einen Wechselkurs von 0,9143 Dollar für den Euro errechnet. Damit ist ein Dollar 2,1392 Mark wert.

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