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Die EU-Länder sollen künftig selbst entscheiden, ob sie Gentechnik beim Anbau von Mais nutzen wollen.

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Update

EU-Umweltminister einigen sich: Länder dürfen Anbau von Genpflanzen selbst verbieten

Die EU-Umweltminister haben sich auf neue Regeln für Gentechnik geeinigt: Die EU-Länder sollen künftig selbst entscheiden, ob sie sie anwenden. Aber Gegner und Befürworter sind unzufrieden mit dem Ergebnis.

Die EU-Staaten haben neue Regeln für die Zulassung von Genpflanzen beschlossen, mit denen sie nationale Anbauverbote erleichtern wollen. In einer Sitzung der EU-Umweltminister sprachen sich alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Belgiens und Luxemburgs für die Neuregelung aus, wie der griechische Minister Ioannis Maniatis als Vorsitzender am Donnerstag in Luxemburg sagte. Kritik kommt von der Gentechnikindustrie - und ihren Gegnern. "Wir werden damit erstmals eine klare und eindeutige rechtliche Regelung haben, die es uns ermöglicht, gentechnisch veränderte Organismen in unseren Ländern nicht zuzulassen", sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) in Luxemburg. Bisher können EU-Staaten eine in Europa zum Anbau zugelassene Genpflanze nur schwer vom eigenen Staatsgebiet fernhalten. Dafür muss ein Staat glaubhaft machen, dass er neue wissenschaftliche Hinweise auf Gefahren für Umwelt oder Gesundheit durch den Anbau der fraglichen Pflanze hat, die im Zulassungsverfahren nicht berücksichtigt wurden.

Künftig soll ein Land gleich zu Beginn eines Zulassungsverfahrens über die EU-Kommission fordern können, dass das zuständige Unternehmen in seinem Antrag den Mitgliedstaat ausnimmt. Folgt der Konzern dem Ansinnen nicht und stellt einen Antrag auf Zulassung in allen 28 EU-Staaten, soll der Anbau auf nationaler Ebene verboten werden können. Als Begründung können dafür künftig nicht-wissenschaftliche Argumenten angeführt werden wie Ziele der Umwelt- und Agrarpolitik, Sorge um die "öffentliche Ordnung" oder "öffentliches Interesse". Damit kann ein Anbaubann etwa mit Ablehnung in der Bevölkerung begründet werden. Diese Regelung sende die schlechte Botschaft, "dass es in Ordnung ist, die Wissenschaft zu ignorieren und Dinge aus populistischen Zwecken zu verbieten", kritisierte ein Sprecher des Agrarkonzerns Monsanto.

Umweltverbände lehnen ihrerseits die Regelung als zu schwammig ab und warnen vor einer Zunahme von Genpflanzen auf Europas Äckern. Das Verfahren schütze die Staaten, die sich für nationale Anbauverbote entscheiden, nicht gegen "rechtliche Angriffe der Biotechindustrie", kritisierte Greenpeace-Agrarexperte Marco Contiero.

Hendricks widersprach der Kritik. Weder werde es durch die Neuregelung Rechtsunsicherheit geben, noch direkte Verhandlungen zwischen Staaten und Konzernen über nationale Anbauverbote. "Es wäre nicht angemessen, wenn souveräne Staaten mit Unternehmen verhandeln müssten", sagte die Umweltministerin. Nun muss die Praxis zeigen, ob die politischen Begründungen für ein Anbauverbot möglichen Klagen der Industrie vor Gericht standhalten. "Das ist ein Fortschritt für die Selbstbestimmung eines jeden Mitgliedstaats", sagte Österreichs Umweltminister Andrä Rupprechter. Frankreichs Ministerin Ségolène Royal sah in der Neuerung "größere Flexibilität und größere Rechtssicherheit". Der britische Vertreter Rupert Mauley begrüßte, dass die Neuerung den Staaten die Wahl lasse: "Wer Genpflanzen anbauen möchte, kann das im ganzen Land oder in Teilen."

Der Vorschlag der EU-Kommission lag schon seit 2010 vor, wurde aber von einer Reihe von Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, blockiert. Nach dem Regierungswechsel im vergangenen Herbst fand in der Bundesregierung ein Umdenken statt. Die EU-Staaten müssen nun in Verhandlungen mit dem Europaparlament über die Neuregelung eintreten. Der zuständige EU-Kommissar Tonio Borg äußerte die Hoffnung auf eine Einigung bis Jahresende. (AFP)

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