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Wirtschaft: EU und China streiten um Textilien

Brüssel will eine Lösung des Konflikts, aber keine höheren Importe / Verbrauchern drohen höhere Preise

Berlin - In der Krise um die chinesischen Textilimporte, die derzeit in den europäischen Häfen liegen und nicht ausgeliefert werden dürfen, haben Vertreter der EU-Kommission in Peking am Donnerstag einen ersten Versuch unternommen, eine Lösung zu finden. „Die EU-Mitgliedstaaten und der Handelskommissar Peter Mandelson sind sich einig darüber, dass die Situation einer schnellen Klärung bedarf“, hieß es in Mandelsons Büro. Allerdings sei eine „klare Mehrheit“ der EU-Staaten dafür, dass eine Lösung innerhalb des so genannten Schanghai-Abkommens gefunden werden müsse – und schloss damit eine grundsätzliche Erhöhung der Importe aus. Die Vereinigung der chinesischen Exporteure und Importeure hatte dies am Donnerstag gefordert.

Momentan dürfen nach Angaben des Modeverbands German-Fashion allein 4,9 Millionen bestellte T-Shirts, 48 Millionen Pullover und 17 Millionen Hosen nicht in die EU importiert werden, weil die Einfuhrquoten ausgeschöpft sind. Der Einzelhandel und die Importeure warnen bereits vor Insolvenzen, Händler und Hersteller wissen nicht, wo sie schnell genug Ersatzware herbekommen sollen.

Dabei war vor zehn Jahren eigentlich vereinbart worden, dass zu Beginn dieses Jahres die Quoten im weltweiten Textilhandel wegfallen. Dann waren aber in der ersten Jahreshälfte die chinesischen Importe in die EU schlagartig um 130 Prozent angestiegen. Um die Textilindustrie in EU-Ländern wie Frankreich, Italien oder Spanien zu schützen, hatte das Schanghai-Abkommen im Juni neue Quoten festgelegt – diese sind für 2005 längst ausgeschöpft.

In Mandelsons Büro hieß es am Donnerstag, am wahrscheinlichsten sei, dass die Einfuhren in diesem Jahr zu Lasten der kommenden Jahre erhöht werden, oder dass innerhalb der verschiedenen Produktgruppen die Mengen verschoben werden dürfen. Beim Modehersteller Gerry Weber rechnet man nun damit, dass die akute Krise bald gelöst wird. 180 000 bestellte Stückteile konnte Gerry Weber bisher nicht importieren.

Bleibt es bei der Schanghai-Regelung, werden die Preise in den kommenden Jahren steigen, kündigte der Hauptgeschäftsführer des Modeverbands German-Fashion, Thomas Rasch, an. Denn die Hersteller würden zwar auf andere asiatische Niedriglohnländer wie Kambodscha oder Bangladesch ausweichen – die sind aber wegen fehlender Infrastruktur in der Summe trotzdem teurer (siehe Kasten).

Volkswirte halten das Schanghai-Abkommen ebenfalls für entbehrlich. „Die Quoten sind unsinnig, die Konsumenten leiden wegen höherer Preise darunter“, sagt Dean Spinanger vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Die Industrie in den EU-Ländern habe es in den vergangenen zehn Jahren verpasst, konkurrenzfähig zu werden. Die chinesische Textilindustrie dagegen sei inzwischen auch im hochwertigen Segment wettbewerbsfähig – und daher eine Bedrohung für die EU-Industrie. 2008 läuft zwar auch das Schanghai-Abkommen aus. Dennoch habe auch dann die EU weitere Mittel in der Hand, Importe aus China zu begrenzen, sagt Spinanger. Jedoch müsse sie ihre Maßnahmen dann vor der Welthandelsorganisation „besser begründen“.

Flora Wisdorff

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