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Zocker unter sich. Zum Jahrestag des irischen Hilfsgesuchs an die Euro-Retter traten Spieler aus den 17 Ländern der Gemeinschaftswährung im Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main beim Monopoly gegeneinander an.

© dapd

Schuldenkrise: Euro-Bonds – aber nicht um jeden Preis

Die EU-Kommission heizt die Debatte um die Vergemeinschaftung der Schulden der Euro-Staaten neu an: In einem 42-seitigen Papier plädiert sie für Gemeinschaftsanleihen und fordert eine stärkere Überwachung der Etats.

Die Brüsseler Behörde legt am Mittwoch ein 42-seitiges Papier zu den Vor- und Nachteilen von Euro-Bonds vor, das dem Tagesspiegel vorliegt. Während mehrere Euro-Mitgliedsländer die Einführung solcher Gemeinschaftsanleihen fordern, muss Kommissionschef José Manuel Barroso in Sachen Euro-Bonds mit einem besonders harten Widerstand aus Deutschland rechnen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag, dass die Bundesregierung nicht erwarte, „dass Euro-Bonds jetzt ein Allheilmittel für die Krise wären“.

Im Papier der EU-Kommission werden drei Varianten von Gemeinschaftsanleihen genannt. Doch argumentiert Brüssel keinesfalls für die bedingungslose Einführung der Papiere, die von der Kommission nun „Stabilitätsbonds“ getauft wurden: „Jede Art von Stabilitätsbond müsste mit substanziell verstärkter Haushaltsüberwachung und politischer Koordination als einhergehen“, heißt es in dem Dokument. Da Euro-Bonds „in einzelnen Mitgliedstaaten die Haushaltsdisziplin schwächen könnten“, müsse es „zusätzliche Garantien“ geben, dass diese nachhaltig wirtschaften.

Die volle Vergemeinschaftung aller Schulden in der Euro-Zone bietet nach Ansicht der Kommission die größten Erfolgschancen, „gleichzeitig birgt dieser Ansatz das größte Risiko von Fehlanreizen“. Genau umgekehrt verhielte es sich demnach, wenn die Staaten ähnlich wie beim Euro-Rettungsschirm anteilig für gemeinsam begebene Anleihen haften würden, die wiederum nur einen Teil der gesamten nötigen Summen bei der Refinanzierung abdecken würden. Für dieses Modell wäre keine Änderung des EU-Vertrages notwendig, und die Gefahr, dass sich die Krisenstaaten nach der Einführung der Anleihen auf Reformen verzichten würden, bestünde nicht. Doch werde ein solches Modell nach Ansicht der Kommission auch die Marktunsicherheit nicht beenden.

Der aus ihrer Sicht vielversprechendsten Option einer Vergemeinschaftung von Schulden bis zu einer gewissen Höhe widmen die Finanzfachleute der Kommission denn auch den meisten Platz: Eine Variante, die der Deutsche Jakob von Weizsäcker vor zwei Jahren für das Brüsseler Bruegel-Institut erarbeitet hat, sieht vor, dass Schulden bis zu einer Höhe von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung vergemeinschaftet werden. Alles, was darüber hinausginge, müssten die Staaten selbst verantworten, was den Anreiz zum Sparen erhöhen würde. „Die Glaubwürdigkeit der Obergrenze“, heißt es in dem Papier, sei dabei der „Schlüssel“, damit das Modell funktioniert. Die Kommission greift zudem die Idee des deutschen Sachverständigenrats auf, der eine vorübergehende Vergemeinschaftung der Schulden jenseits der 60-Prozent-Marke befürwortet. Dieser „Tilgungsfonds“, so schreiben die Beamten, könnte als „Vorstufe für dauerhafte Stabilitätsbonds“ in Erwägung gezogen werden.

Die Vorteile von Euro-Bonds beschreiben die Brüsseler Finanzexperten folgendermaßen: Allein die Erwartung, dass die Mitgliedstaaten mit geringer Kreditwürdigkeit von Ländern mit hoher Bonität wie Deutschland profitieren werden, „könnte die gegenwärtige Schuldenkrise schnell abmildern“. Zudem würden Euro-Bonds ihrer Meinung nach angeschlagene Banken stabilisieren: „Sie wären weniger verletzlich gegenüber der Herabstufung von Staatsanleihen einzelner Mitgliedstaaten“, sondern könnten sich mit der neuen Einheitsanleihe eindecken. Der Nachteil von Euro-Bonds liegt auf der Hand: Entwickelt sich eine Art Durchschnittszins für die Einheitsanleihe, müssten Staaten wie Deutschland, die bisher zu sehr günstigen Sätzen Schulden aufnehmen können, mehr Zinsen bezahlen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Einführung von Euro-Bonds wiederholt abgelehnt, will die neuen Vorschläge aber gründlich prüfen. In der Regierungskoalition gelten vor allem die Liberalen als erbitterte Gegner solcher Gemeinschaftsanleihen. „Eine Vergemeinschaftung der Schulden“ in der Euro-Zone „kann, darf und wird es mit uns nicht geben“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Patrick Döring, dem Tagesspiegel. Wenn durch die Einführung von Euro-Bonds die Anleihezinsen für hoch verschuldete Euro-Staaten wieder künstlich gesenkt würden, dann sei das „nur eine Einladung zu einer neuen Schuldenpolitik“, sagte er. Zudem habe das Verfassungsgericht „in aller Deutlichkeit klargestellt, dass eine Vergemeinschaftung der Schulden in der EU nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist“.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Oliver Luksic sagte dem Tagesspiegel, dass eine gesamtschuldnerische Haftung im Rahmen einer Einführung von Euro-Bonds aus rechtlichen Gründen nicht möglich sei. Auch ökonomisch sei ein solches Modell „brandgefährlich“, weil dadurch falsche Anreize für die Schuldnerländer in der Euro-Zone gesetzt sowie in Deutschland den Ländern und Kommunen „dauerhaft größere Zinslasten aufgebürdet“ würden.

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