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Wirtschaft: Euro: EZB überrascht mit Zinserhöhung

Überraschend hat die Europäische Zentralbank (EZB) erneut die Zinsen erhöht. Der Hauptleitzins im Euroraum steigt von 4,50 auf 4,75 Prozent.

Überraschend hat die Europäische Zentralbank (EZB) erneut die Zinsen erhöht. Der Hauptleitzins im Euroraum steigt von 4,50 auf 4,75 Prozent. Damit hat die EZB die Leitzinsen seit Anfang November 1999 in sieben Schritten um insgesamt 2,25 Prozentpunkte angehoben. EZB-Präsident Wim Duisenberg begründete die Entscheidung mit Inflationsgefahren durch den hohen Ölpreis und den Euro-Wechselkurs. Aktien- und Devisenmärkte reagierten gelassen, der Euro stieg leicht an.

Das Wachstum in Euroland und die Lage auf dem Arbeitsmarkt werde durch den neuerlichen Zinsschritt nicht beeinträchtigt, sagte Duisenberg. "Im Gegenteil: Wir schaffen beste Voraussetzungen für robustes Wachstum. Euroland hat die Reisegeschwindigkeit erreicht, die EZB will sie halten." Beobachter hatten an diesem Donnerstag nicht mit einer Zinserhöhung gerechnet. Sie war erst für Ende Oktober oder November erwartet worden.

Die Entscheidung im Rat sei mit dem "Maximum an Konsens" gefallen, sagte Duisenberg. Nach Ansicht des EZB-Präsidenten deutet das Wachstum der Geldmenge, die reichliche Liquiditätsausstattung der Wirtschaft und das hohe Niveau der Kredite an Privathaushalte auf eher noch größere Gefahren für die Preisstabilität hin als bisher. Obwohl der Ölpreis mittlerweile gefallen ist, betrachtet die EZB die möglichen Folgen für die Inflationsrate mit Sorge. Dies gilt auch für die Auswirkungen des schwachen Euro; über den Anstieg der Importpreise könne die Euroschwäche auf die Verbraucherpreise durchschlagen. Nach Ansicht von Duisenberg kann der hohe Ölpreis die Konjunktur kurzfristig dämpfen. Generell aber seien die Bedingungen für solides Wachstum weiter gut. Die Zinsanhebung solle diese weiter günstigen Wachstumsaussichten stärken. Duisenberg erinnerte im übrigen daran, dass die Inflationsrate in Euroland im August bei 2,3 Prozent und damit deutlich über der von der EZB tolerierten Schwelle von zwei Prozent gelegen habe.

Duisenberg wies im übrigen ganz entschieden Vermutungen zurück, der Zinsschritt habe etwas mit dem Euro-Wechselkurs zu tun. Es gehe allein um die Inflationserwartungen. Auch mit den Interventionen der Notenbanken aus Euroland, Japan und den USA vor zwei Wochen habe die Zinsentscheidung nichts zu tun. "Ich kann allerdings nicht bestreiten, dass beide Entscheidungen kohärent sind." Mit dem Ergebnis der Interventionen ist Duisenberg im übrigen "sehr zufrieden". EZB, US-Notenbank und die Bank von Japan würden die Entwicklung weiter genau beobachten und bei Bedarf auf den Devisenmärkten erneut kooperieren. Der Bundesverband deutscher Banken nannte die Entscheidung stabilitätspolitisch gerechtfertigt. Es zeichne sich kurzfristig noch keine deutliche Entlastung bei den Ölpreisen ab. Auch der Deutsche Industrie- und Handelstag begrüßte die Entscheidung angesichts des schwachen Euros und hoher Rohölpreise. Dagegen bezeichnete der Bundesverband Öffentlicher Banken den Schritt als Überreaktion. Es bestehe die Gefahr einer Stabilisierungsrezession.

ro

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