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Wirtschaft: Euro: Interview: "Ohne Euro wird niemand mehr auskommen"

Robert A. Mundell (69) gehört zu den prominentesten Geld-Theoretikern.

Robert A. Mundell (69) gehört zu den prominentesten Geld-Theoretikern. 1999 bekam er den Nobelpreis für die "Theorie optimaler Währungsräume". Sie besagt, dass eine Währungsunion zwischen Regionen am besten funktioniert, wenn Arbeit und Kapital mobil sind und so Kostenunterschiede zwischen den Regionen ausgleichen können. Reicht die Flexibilität nicht aus, ist es ratsamer, unterschiedliche Währungen und schwankende Wechselkurse zu behalten.

Herr Mundell, trotz der Wirtschaftskrise in den USA ist der Dollar immer noch deutlich stärker als der Euro. Ist der Euro nur eine zweitklassige Währung?

Zum Thema OnlineSpezial: Der Euro kommt! Euro-Countdown: Die Serie im Tagesspiegel Euro-Memory: Passende Euro-Pärchen finden Ted: Der Euro - mehr Vor- oder mehr Nachteile? Nein. Ein Grund für die Schwäche ist die Einführung des Euro-Bargelds. In vielen Ländern Osteuropas ist die Mark informelles Zahlungsmittel. Vor der Euro-Umstellung haben viele ihre Mark in Dollar getauscht - das hat den Euro geschwächt. 2002 wird sich das ändern, der Euro wird an Stärke gewinnen. Im übrigen ist der niedrige Kurs für die Unternehmen in Europa sehr positiv. Gerade in der derzeit schlechten Lage hilft er vor allem der exportorientierten deutschen Wirtschaft, weil die Ausfuhren in den Dollar-Raum billiger werden.

Wo ist die Grenze nach unten?

Ein dauerhaftes Absinken unter 0,85 Dollar wäre nicht erstrebenswert. Um das zu vermeiden, sollten die Zentralbanken der USA und Europas vereinbaren, unterhalb dieses Kurses geldpolitisch einzugreifen. Daran hätte auch die Fed ein Interesse, denn der starke Dollar behindert die US-Exporte und die Erholung der Wirtschaft.

Drei Jahre nach Einführung des Euro dominiert international noch immer der Dollar als Leitwährung. Wagen Sie eine Prognose, wie es in zehn Jahren sein wird?

Europa erreicht 70 Prozent der Wirtschaftsleistung der USA, Japan 45 Prozent. Wenn bald Großbritannien und Dänemark dem Euro beitreten, wird der Euro weiter zum Dollar aufschließen. Wenn dann noch osteuropäische Staaten hinzu kommen, kann Europa die USA sogar überflügeln, der Euro dem Dollar Paroli bieten. Weltweit werden finanzielle Reserven dann zu gleichen Teilen in Euro und in Dollar gehalten. Ohne den Euro wird niemand mehr auskommen.

Der Europäischen Zentralbank (EZB) werfen Kritiker vor, zu zögerlich zu agieren. Hätte sie angesichts des Abschwungs die Zinsen rascher senken müssen?

Die EZB hat eine gute, vielleicht zu vorsichtige Politik betrieben. Den jüngsten Zinssenkungen könnten weitere folgen. Im Großen und Ganzen war die EZB aber erfolgreich - ihre vorrangige Aufgabe ist ja die Wahrung der Preisstabilität. Ist die gewährleistet, wird die EZB die Zinsen noch weiter senken, um wie US-Notenbankpräsident Alan Greenspan die Wirtschaft anzukurbeln.

Ihrer Währungstheorie zufolge dürfte der Euro gar nicht funktionieren - dafür sind Europas Volkswirtschaften zu verschieden, die Arbeitsmärkte zu starr, die Menschen zu unmobil. Wird die Einheitswährung scheitern?

Nein. Europa ist zwar in der Theorie tatsächlich kein optimaler Raum für eine Einheitswährung. Die Praxis sieht ein wenig anders aus - auch in den USA ist die Wirtschaftskraft der Regionen sehr unterschiedlich, der Dollar funktioniert dennoch. Der wichtigste Grund für eine Währungsunion ist die höhere Effizienz des Geldsystems: Eine Währung zu haben macht mehr Sinn als fünf oder zehn. Seit dem Start des Euro haben alle Teilnehmerländer eine bessere Geldpolitik als je zuvor - auch Deutschland, die Mark war zeitweise stark überbewertet, was zahlreiche Jobs vernichtet hat. Zudem ist das langfristige Zinsniveau gesunken, das verbilligt Investitionen. Die europäischen Währungen sind nicht mehr Finanz-Spekulanten ausgesetzt, und die öffentliche Verschuldung ist deutlich zurückgegangen.

Bis 1999 sorgten flexible Wechselkurse für einen Ausgleich, wenn Volkswirtschaften sich unterschiedlich entwickelten. Das geht seit dem Euro-Start nicht mehr. Muss es statt dessen eines Tages Transferzahlungen an krisengeschüttelte Länder geben?

Mit flexiblen Wechselkursen kann ein Land zwar vorübergehend Probleme lösen und wettbewerbsfähig werden. Seine grundlegenden Probleme löst ein Land damit aber langfristig nicht, dazu sind andere Reformen nötig. Eine Transferunion droht meiner Ansicht nach in der EU nicht. Dies könnte nur bei echten Schocks nötig werden. Der einzige Schock, der Europa in den vergangenen zwanzig Jahren nachhaltig verändert hat, war die deutsche Einheit. Solche Ereignisse werden sich so schnell nicht wiederholen.

Herr M, ell[trotz der Wirtschaftskrise in den US]

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