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Zuspruch vom Gast. US-Außenministerin Hillary Clinton besuchte am Sonntag Ministerpräsident Giorgos Papandreou.

© AFP

Vor dem Krisengipfel: „Europa soll aufwachen“

Athens Regierungschef Giorgos Papandreou plädiert vor dem Gipfel am Donnerstag für Eurobonds. Die Experten der Finanzministerien sollen bis zum Donnerstag eine beschlussreife Lösung für den Gipfel ausarbeiten.

Seit 15 Monaten hält die Schuldenkrise Europa in Atem. Nun beginnt eine neue Schicksalswoche im Griechendrama: Für Donnerstag hat EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy die Staats- und Regierungschefs zu einem Krisengipfel der Euroländer nach Brüssel eingeladen. Die Schuldenkrise an der Akropolis bedrohe mittlerweile „den Euro als Ganzes“, warnte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Wochenende. Tatsächlich stehen die Staats- und Regierungschefs unter einem enormen Druck.

Auch der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou drängt zur Eile: „Es ist an der Zeit, dass Europa aufwacht“, sagte Papandreou am Sonntag in einem Interview mit der Zeitung „Kathimerini“. Griechenland habe in den vergangenen Monaten „schwierige, aber notwendige“ Sparbeschlüsse umgesetzt und damit „beispiellose Ergebnisse erzielt“; jetzt sei es an Europa, zu mutigen Entscheidungen zu kommen.

US-Außenministerin Hillary Clinton lobte in Athen den Sparkurs Papandreous. Das Konsolidierungsprogramm beinhalte „entscheidende erste Schritte“, sagte Clinton am Sonntag. „Wir wissen, dass diese Entscheidungen nicht leicht waren, aber sie zeigen politische Führung.“ Die beschlossen Maßnahmen würden Griechenland wettbewerbsfähiger machen, das Land auf solide finanzielle Fundamente stellen sowie helfen, Investitionen anzuziehen und Arbeitsplätze zu schaffen.

Griechenland braucht nach dem Hilfspaket von 110 Milliarden Euro, das EU und Internationaler Währungsfonds im Mai 2010 geschnürt hatten, weitere Rettungskredite. Athen kann sich wegen der extrem hohen Risikozuschläge auf absehbare Zeit nicht am Kapitalmarkt finanzieren. Im Gespräch sind neue Hilfskredite von bis zu 120 Milliarden Euro. Streit gibt es noch immer um die vor allem von der Bundesregierung geforderte Beteiligung privater Gläubiger. Die Europäische Zentralbank (EZB) will das möglichst vermeiden. EZB-Chef Jean-Claude Trichet forderte von den Regierungen der Euro- Zone mehr verbale Disziplin. „Die Regierungen müssen bei solchen komplexen und heiklen Fragen wie der Krise mit einer Stimme sprechen“, sagte Trichet der „Financial Times Deutschland“.

Die Schuldenlast droht derweil das Land zu erdrücken. Bereits jetzt muss Griechenland rund sieben Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Zinsen aufwenden. Nach Berechnungen des IWF könnten die Staatsschulden, die Ende 2010 bei 143 Prozent des Bruttoinlandsprodukts lagen, im kommenden Jahr auf 172 Prozent steigen. Immer mehr Fachleute plädieren deshalb für eine Umschuldung.

Die Experten der Finanzministerien sollen bis zum Donnerstag eine beschlussreife Lösung für den Gipfel ausarbeiten. Eine Umschuldung Griechenlands ist kein Tabu mehr, trotz der Warnungen der Ratingagenturen und der EZB. Auch in Athen hat ein Umdenken eingesetzt: Nachdem Papandreou bisher stets versicherte, Griechenland sei in der Lage, seine Schulden pünktlich und vollständig zurückzuzahlen, erklärte er jetzt, erstmals stehe nun in Europa zur Diskussion, die griechische Schuldenlast zu reduzieren. „Das ist eine sehr positive Entwicklung“, sagte Papandreou.

Der Grieche plädierte erneut für Eurobonds, also gemeinsame Staatsanleihen der Euroländer, mit denen Problemstaaten wie Griechenland zu günstigen Zinsen refinanziert werden könnten. Auch mehrere sozialdemokratische Spitzenpolitiker aus Europa, mit denen er sich am Wochenende in einer Telefonkonferenz zusammenschaltete, befürworten die Idee. Trichet sagte im Interview hingegen, die EZB befürworte gegenwärtig keinen der vorliegenden Vorschläge zu Einführung von Eurobonds.

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