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Wirtschaft: Europäer streiten über Bankenregeln

Geldinstitute brauchen künftig mehr Eigenkapital – vor allem den Briten geht das nicht weit genug.

Eines der heißesten Eisen, die derzeit im europäischen Gesetzgebungsprozess geschmiedet werden, sind die neuen Regeln für Banken. Die EU-Finanzminister stritten bei ihrer Sondersitzung am Mittwoch über die neue Eigenkapitalrichtlinie, mit der die sogenannten Basel-III- Anforderungen vom Dezember 2010 in europäisches Recht gegossen werden sollen. Im Europaparlament liegen 2195 Änderungsanträge zum Bericht über den entsprechenden Vorschlag der Brüsseler Kommission vor. Der EU-Gipfel im März hat die Minister aufgefordert, bis spätestens Ende Juni eine Einigung mit dem Parlament zu erzielen, damit die Regeln zum 1. Januar 2013 in Kraft treten können. Es geht dabei um Vorsorge.

Die Finanzkrise habe gezeigt, heißt es beispielsweise in einem Papier der Bundesbank, „dass die Kapitalausstattung zahlreicher Institute oft zu gering war“. Der britische Finanzminister George Osbourne erinnerte am Mittwoch daran, dass die 27 Staaten seit Ausbruch der Krise bereits drei Billionen Euro für die Bankenrettung ausgegeben haben. Der Vorschlag der EU-Kommission, der dem Basel-III-Abkommen entspricht, sieht vor, 14 Kriterien sowohl für das harte Kernkapital als auch für das sogenannte Ergänzungskapital vorzugeben. Außerdem soll die Mischung hin zu mehr „hartem“ Kapital verbessert werden – dabei will Deutschland durchsetzen, dass stille Einlagen der Länder bei ihren Landesbanken ebenfalls dazu zählen. Die verlangte Eigenkapitalquote von acht Prozent im Vergleich zum Kreditvolumen bleibt, doch soll das Eigenkapital bester Güte künftig 4,5 und nicht mehr nur zwei Prozent ausmachen müssen. Damit die Fähigkeit zur Kreditvergabe nicht noch stärker leidet als derzeit ohnehin schon, gibt es Übergangsfristen.

„Untersuchungen der Finanzkrise zeigen, dass diese Kapitalpolster in richtig schwierigen Zeiten nicht ausreichen“, kritisiert der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold. Im Vergleich zu der Eigenkapitalquote von neun Prozent, die die 90 größten europäischen Banken bis Ende Juni erfüllen müssen, sei eine Quote von acht Prozent zu bescheiden, rügte Andrea Enria, Chef der Europäischen Bankenaufsicht EBA. „Wir fallen hinter das zurück, was wir erst vor wenigen Monaten beschlossen haben“, argumentierte auch Osbourne. Ein britischer Diplomat sagte, die Deutschen wollten ihre unterkapitalisierten Landesbanken schützen. Neben Großbritannien wollen auch Schweden und Polen ihre Banken auf bis zu fünf Prozentpunkte höhere Quoten verpflichten. Die EU-Kommission warnt aber vor „extrem schädlichen Folgen, wenn es nicht ein Mindestmaß an Koordination und Sicherheiten auf europäischer Ebene gibt“.

Der Ministerrunde lag ein Kompromisspapier vor, in dem die dänische Ratspräsidentin Margrethe Vestager „nationale Flexibilität“ von drei Prozentpunkten zugestehen will. Über andere wichtige Elemente des neuen Gesetzes herrscht dagegen bereits Einigkeit. So sollen für die 90 systemrelevanten Banken noch schärfere Regeln gelten als für den Rest der 8300 Banken in Europa.

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