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Wirtschaft: Europäische Zentralbank: Beobachter fordern mehr Transparenz

Einfach ist der Auftritt für Otmar Issing nie. Trotzdem scheut der Chef-Volkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB) den Gang nicht.

Einfach ist der Auftritt für Otmar Issing nie. Trotzdem scheut der Chef-Volkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB) den Gang nicht. 120 Volkswirten und Wissenschaftlern aus ganz Europa - alles sogenannte "EZB-Watcher" - sitzt er an diesem Montag im Auditorium der Commerzbank-Zentrale in Frankfurt gegenüber. Issing beteuert einmal mehr, dass die EZB jede gesicherte Information, die sie habe, auch an die Öffentlichkeit weitergebe. Aber überzeugen kann er die Kritiker auf der dritten Konferenz der EZB-Watcher nicht. Sie reklamieren mehr Transparenz, um die Geldpolitik im Eurotower besser einschätzen zu können.

Kein Wunder: Durch die letzte, völlig überraschende Zinssenkung am 10. Mai haben die europäischen Zentralbanker nicht nur die Finanzmärkte verwirrt, sondern auch die Beobachter irritiert. Kaum ein EZB-Watcher nimmt Issing am Montag ab, dass die Daten für die Entwicklung der Geldmenge, die diese Zinssenkung ermöglicht haben soll, erst wenige Tage vor der Sitzung gesichert gewesen sein sollen. "Wir brauchen einfach genauere Informationen", sagt der Bonner Wissenschaftler Jürgen von Hagen. "Minimale Infos", beklagt Lars Svensson vom Institute for International Economic Studies in Stockholm. Auch Christa Randzio-Plath, Vorsitzende des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Europäischen Parlamentes, reklamiert mehr Transparenz, was dann auch das Verständnis für die Arbeit der EZB fördern würde.

Wie so oft in den letzten Tagen wird deutlich, in welche Zwickmühle sich die EZB durch ihre Zinssenkung vom 10. Mai und vor allem durch deren Begründung manövriert hat. Bis dahin hatte sie an ihrem strikten Kurs in der Geldpolitik festgehalten, vor allem mit dem Hinweis auf weitere Inflationsgefahren und das zu starke Geldmengenwachstum. Dann aber wollen Issing und Co gesicherte Belege dafür erhalten haben, dass das Wachstum der Geldmenge, neben der Preisentwicklung die zweite Säule der EZB-Geldpolitik, deutlich überzeichnet ist.

Daraus resultierte der Schwenk: Keine besonderen Inflationsgefahren, hieß es auf einmal. Also wurden die Zinsen zur Überraschung aller Beobachter gesenkt. Zwar betonen auch die EZB-Watcher, dass die EZB in knapp zweieinhalb Jahren Währungsunion im Prinzip alles richtig gemacht habe. Aber mangelnde Information beklagen viele.

Die einen, wie Svensson, fordern die Notenbank auf, sich in ihrer Geldpolitik auf die Preisentwicklung zu konzentrieren und die Geldmenge außen vor zu lassen. Die anderen, wie von Hagen, halten auch die Geldmenge für einen wichtigen Indikator. Nicht nur Svensson fordert einen viel ausführlicheren Monatsbericht und generell ein niedriges Inflationsziel. Die EZB soll ihre Vorgabe von maximal zwei Prozent auf 1,5 Prozent senken und darüberhinaus alle drei Monate einen Inflationsbericht vorlegen. Wie die Bank of England, die schwedische Reichs- und die norwegische Notenbank.

Die nächste Herausforderung für die EZB deutet sich bereits an. Den europäischen Zentralbankrat halten viele Beobachter schon jetzt mit 18 Mitgliedern - sechs aus dem EZB-Direktorium plus die zwölf Präsidenten der EWU-Notenbanken - für zu groß. "Über die Geldpolitik sollte allein das sechsköpfige Direktorium entscheiden", sagt Svensson. Er mag sich nicht vorstellen wie das nach der EU-Erweiterung wird.

ro

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