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Wirtschaft: Europaweit steuern

Eine Abgabe soll Spekulanten zur Kasse bitten. Für die SPD kommt der deutsche Erfolg zur Unzeit.

Luxemburg - Nach jahrelangem Ringen hat die umstrittene Börsensteuer in Europa eine entscheidende Hürde genommen: Mit Deutschland und Frankreich wollen nun auch Italien und Spanien sowie sechs weitere Euro-Staaten die Abgabe auf Finanztransaktionen einführen. Die elf Partner reichen aus, um die Steuer auf dem Weg einer verstärkten Zusammenarbeit umzusetzen. Offen ist aber noch, ob die übrigen EU-Staaten dem Vorgehen zustimmen.

Mit der Abgabe soll die Finanzbranche einen Beitrag zu den Rettungsmilliarden leisten, die die Regierungen zur Stützung der Banken in Folge der Euro-Schuldenkrise ausgegeben haben. Länder mit einer großen Finanzbranche wie Großbritannien und Schweden fürchten hingegen, dass Investoren sich andere Plätze auf der Welt für ihre Geschäfte suchen könnten, wenn in Europa eine Steuer fällig wird. Die Briten haben überdies bereits eine Art Börsensteuer, die der Regierung im Jahr fast drei Milliarden Pfund (etwa 3,7 Milliarden Euro) einbringt.

Einem älteren Vorschlag der EU-Kommission zufolge soll der Aktien- und Anleihehandel mit 0,1 Prozent je Transaktion besteuert werden, Derivate mit 0,01 Prozent. Auf diesem Weg könnten rund 57 Milliarden Euro pro Jahr zusammenkommen – wenn alle EU-Staaten mitmachen würden. Die Kommission will die Einnahmen in den EU-Haushalt fließen lassen. Deutschland hat sich bislang dafür eingesetzt, dass das Geld in die nationalen Finanztöpfe fließt.

Die Bundesregierung hofft darauf, die Initiative bis zum Jahresende in trockene Tücher zu bringen. Damit könnte die schwarz-liberale Koalition in Berlin schon vor dem Wahljahr ein Eisen aus dem Feuer holen. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hatte der Regierung zuletzt Untätigkeit vorgeworfen. Die Sozialdemokraten hatten die Abgabe im Frühjahr zur Bedingung für ihre Zustimmung zum europäischen Fiskalpakt gemacht, in dem sich die EU auf eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild verständigt hat.

Außer Italien und Spanien machen nun auch Estland und die Slowakei mit. Sie sagten in Luxemburg zu, den notwendigen Antrag an die EU-Kommission zu unterzeichnen. „Ich glaube, das ist ein wichtiger Schritt“, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble nach Abschluss der Beratungen. Der CDU-Politiker räumte aber ein, dass noch ein langer Weg vor der Steuer liegt: Zunächst muss die Kommission einen Vorschlag zur Ausgestaltung der Steuer vorlegen, über den dann die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament verhandeln. Der dabei gefundene Kompromiss muss von beiden Gesetzgebern – Rat und Parlament – einstimmig beschlossen werden. Deutschland will den Vorschlag beim kommenden Treffen der EU-Finanzminister im November vorlegen. rtr

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