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Wirtschaft: Experten diskutieren über den Staat in der Welt von übermorgen

Alle sind sich einig: Im ausgehenden 20. Jahrhundert bestimmen Demokratie und Marktwirtschaft das Leben in den Industrieländern.

Alle sind sich einig: Im ausgehenden 20. Jahrhundert bestimmen Demokratie und Marktwirtschaft das Leben in den Industrieländern. Aber wo bleibt die Politik? Wird die Wirtschaft immer mächtiger und die Politik immer schwächer? Und: Zwingt das nicht zu stärkerer Kontrolle der Märkte, damit Probleme wie die Asien- oder Lateinamerikakrise in Zukunft vermieden werden können? "Wenn man den Weltmarkt will, sollte man ihn frei von staatlichem Einfluss halten", sagt Friedensforscher Ernst-Otto Czempiel. "Aber die Finanzströme müssen sichtbar gemacht werden." Die können schließlich zum Zusammenbruch eines Landes führen.

Der Friedensforscher plädiert für eine organisierte Kooperation der Weltwirtschaftsteilnehmer und die Schaffung einer "Wirtschafts-UN" - eine Forderung, die bei einer Podiumsdiskussion am Montagabend für heftige Auseinandersetzung sorgte. Thema der Runde: Ein Jahrhundert im Blick - Skizzen für die Wirtschaft von übermorgen.

Bill Emmot, Herausgeber des Wirtschaftsmagazins "The Economist", meint, dass eine Überwachung der wirtschaftlichen Vorgänge nur auf nationaler Ebene erfolgen dürfe. Der Staat müsse die Aufgabe des Wächters übernehmen, der Wirtschaft und den Menschen aber so viel Freiheiten wie möglich lassen.

Der Weltmarkt ist keine neutrale Institution, sagt "Spiegel"-Redakteur Harald Schumann. "Es geht ganz klar um Macht und um die Durchsetzung der eigenen Interessen. Da ziehen arme und kleine Länder immer den Kürzeren." Ein "Riesenproblem" sieht Schumann vor allem darin, dass "wir einen Staat haben, der immer gerechter werden will und dabei immer ungerechter wird." Für ihn ist die wachsende Ungleichheit zwischen den Menschen das große Gerechtigkeitsproblem der Zukunft - sowohl in Deutschland als auch global gesehen. "Unser Wohlstandsparadies ist der Maßstab für Milliarden von Menschen auf dieser Welt." Das werde Folgen haben - und politische Bewegungen hervorrufen.

Was also kann man tun, um die Probleme der Zukunft erfolgreich zu meistern? Für Czempiel lauten die Zauberworte der kommenden 100 Jahre "Demokratie" und "Marktwirtschaft": "Diese beiden Instrumente haben sich als die erfolgreichsten für die Sicherung von Frieden und Stabilität erwiesen". Die Einführung dieser Werte sei vor allem für den Krisenherd Osteuropa wichtig - "damit man später nicht militärisch eingreifen muss".

Julia Raabe

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