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Wirtschaft: Experten: US-Zinserhöhung ist riskant

Die amerikanische Notenbank will die Inflation bekämpfen – damit könnte sie aber den Konsum abwürgen

Berlin - Eine Erhöhung der Leitzinsen durch die amerikanische Notenbank Federal Reserve von diesem Mittwoch an wird das US-Wirtschaftswachstum in den kommenden Monaten abbremsen. Die exportabhängige Konjunktur in Deutschland werde dadurch allerdings keinen Dämpfer bekommen, prognostizierten Wirtschaftsforscher im Gespräch mit dem Tagesspiegel am Dienstag.

In Washington kam am Abend der Offenmarktausschuss der Fed zusammen, um über die Geldpolitik zu beraten. Nach einer vier Jahre dauernden Phase von Leitzinssenkungen in der weltgrößten Volkswirtschaft erwarten nahezu alle Experten eine Trendwende – und eine Anhebung der Zinsen um 0,25 Prozentpunkte. Seit Juni vergangenen Jahres liegt deren Niveau in den USA so niedrig wie seit 1958 nicht mehr. Mit dieser expansiven Geldpolitik hatte die Fed unter ihrem Präsidenten Alan Greenspan auf eine Fülle von Schocks reagiert: die Rezession nach dem Internet-Boom, die Anschläge vom 11. September 2001, Bilanzskandale bei Unternehmen sowie die Kriege in Afghanistan und im Irak. In den vergangenen Monaten hatte die US-Wirtschaft wieder Fahrt aufgenommen – allerdings hatte sich auch die Inflation auf 3,6 Prozent beschleunigt.

„Die Fed muss reagieren“, sagte Rolf Schneider, Leiter Volkswirtschaft bei der Dresdner Bank. Angesichts eines Wirtschaftswachstums von vier Prozent, hoher Ölpreise und steigender Staatsausgaben werde eine Zinsanhebung den Inflationsdruck lindern. Dem Schritt vom Mittwoch würden vermutlich in den kommenden Monaten zahlreiche folgen bis auf ein Niveau von 3,5 bis vier Prozent. Damit werde sich allerdings auch das Wachstum abschwächen. „Im kommenden Jahr wird das US-Bruttoinlandsprodukt nur noch um 3,3 Prozent wachsen – die goldenen neunziger Jahre kommen eben nicht zurück“, resümierte Schneider.

Skeptiker befürchten allerdings, dass die Fed ein zu hohes Tempo bei den Zinserhöhungen an den Tag legen könnte. „Das wäre ein großes Risiko für den privaten Verbrauch der US-Bürger“, sagte Klaus-Jürgen Gern, Konjunkturfachmann beim Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Der Grund: Der Konsum sorgt für zwei Drittel der amerikanischen Wirtschaftsleistung. Viele Bürger finanzieren den Kauf von Autos oder Unterhaltungselektronik aber durch billige Kredite. Sollte das Zinsniveau steigen, würden viele Amerikaner vor neuen Schulden zurückschrecken – und ihren Konsum einschränken. „Deshalb muss die Fed sehr behutsam vorgehen und darf die Zinsen nicht zu rasch anheben“, verlangte Gern. Experten warten daher gespannt auf Äußerungen der Fed, mit denen sie ihre Politik begründen wird.

Eine Gefahr für die deutsche Wirtschaft ist ein Zinsschritt in den USA vorerst nicht, beruhigt Dresdner-Bank-Ökonom Schneider. „Die Exportwirtschaft, die derzeit das Wachstum trägt, wird auch danach gute Geschäfte machen.“ Dabei werde ein vorerst sinkender Euro-Dollar-Kurs helfen. Die Chancen stünden zudem gut, dass der Aufschwung auch die Binnenwirtschaft erfasse – und so die Abhängigkeit vom Export zurückgehe.

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