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Wirtschaft: Fast wie im Film

Entwickler von Computerspielen setzen auf Kooperation mit der Kinoindustrie / Branchentreffen in Berlin

Berlin - Das Vorbild ist ein Riesenaffe. Mehr als fünf Millionen Exemplare des Computerspiels „King Kong“ hat das Software-Unternehmen Ubisoft in den letzten anderthalb Jahren verkauft. Bedenkt man, dass das Spiel zu Peter Jacksons Kinofilm 60 Euro kostet, „ist das eine lohnenswerte Sache“, sagt Odile Limpach, Geschäftsführerin von Ubisoft Deutschland.

Die Zusammenarbeit von Film- und Computerspielbranche war zentrales Thema der „Quo Vadis“, des Branchentreffens deutscher Computerspielentwickler, das am Wochenende erstmals in Berlin stattfand. Ein Grund für den Umzug vom bisherigen Standort Oberhausen sei nicht nur die zunehmende Bedeutung Berliner Software-Firmen gewesen, sondern vor allem die Nähe zu den hiesigen Filmschaffenden, sagen die Veranstalter.

„Konvergenz“ lautet das Zauberwort – gemeint ist die Mehrfachverwertung einer erfolgreichen Marke als Film und Spiel. Wobei das Computerspiel längst nicht mehr nur Anhängsel des Films ist. 1,3 Milliarden Euro betrug der Umsatz mit Computerspielen auf dem deutschen Markt im vergangenen Jahr. Zum Vergleich: In deutschen Kinos wurden nur 540 Millionen Euro umgesetzt. Außerdem verfügt die Spielebranche im Vergleich zur Film- und Musikindustrie über hervorragende Wachstumsraten: Bis 2010 könnte sich der Umsatz in Deutschland verdoppeln, besagt eine Studie von Price Waterhouse Coopers.

Ein Großteil des Umsatzes wird allerdings von ausländischen Entwicklern und Vertrieben eingefahren – weniger als zehn Prozent der Einnahmen verbleiben in Deutschland. Die Produktionsstudios in den USA und Kanada übertreffen die deutschen an Personal und Kapitaleinsatz um ein Vielfaches. Für so genannte „AAA-Games“, die Blockbuster unter den Computerspielen, stehen Budgets von 15 Millionen Euro zur Verfügung. Immerhin: Die deutschen Entwickler holen auf. Das erfolgreichste Produkt der letzten Monate auf dem deutschen Markt ist das Strategiespiel „Anno 1701“. 400 000 Mal hat es sich seit Oktober verkauft.

Dass nicht nur aus Filmen profitable Computerspiele entstehen können, sondern auch der umgekehrte Weg möglich ist, hat die deutsche Constantin Film bewiesen. Ihre Umsetzung des Computerspiels „Resident Evil“ als Kinoproduktion spielte weltweit 100 Millionen Euro ein und bedeutete für Schauspielerin Milla Jovovich einen Karriereschub. Allerdings standen bei dem Spiel Action und Schock-Effekte im Vordergrund, die Handlung war eher dünn – also musste Constantin Film zunächst 25 Drehbücher schreiben lassen, bevor die passende Leinwandgeschichte zum Spiel gefunden war. „Nur auf die Bekanntheit des Spiels zu vertrauen, hätte nicht funktioniert“, sagt Martin Moszkowicz von Constantin Film. Mit Produktionen wie „Doom“ und dem Horrorstreifen „Silent Hill“ wurde inzwischen eine Reihe von Kinofilmen realisiert, die direkt aus einem erfolgreichen PC- oder Konsolenspiel hervorgegangen sind. Und Regisseur Steven Spielberg erarbeitet für den Computerspiel-Weltmarktführer Electronic Arts gerade zwei Konzepte für Spiele. Wenn die funktionieren, könnten daraus später Filme entstehen.

Ideal wäre es, so der Tenor auf der „Quo Vadis“, wenn Film und Spiel künftig gleichzeitig entwickelt würden. Als Paradebeispiel gilt das Projekt „Schatzinsel“. Die Literaturvorlage des schottischen Autors Robert Louis Stevenson wird derzeit für Pro 7 verfilmt – parallel dazu erscheint ein gleichnamiges Abenteuerspiel für den PC. Acht Millionen kostet der Film, 600 000 Euro das Spiel. Der Sendetermin soll so gelegt werden, dass die Spielvariante rechtzeitig vor dem Weihnachtsgeschäft in den Läden steht. Einen Umsatz wie bei King Kong erwartet André Blechschmidt vom beteiligten Berliner Spieleentwickler Radon Labs zwar nicht – aber „zumindest deutlich spürbare Synergieeffekte“. So können die Programmierer etwa die für die Verfilmung entwickelten dreidimensionalen Modelle aller Kostüme und des eingesetzten Piratenschiffs übernehmen und die Filmmusik verwenden. Für den Produzenten des Films ist das Spiel „vor allem ein Marketinginstrument“. Der Piratenstoff sei für junge Zielgruppen heute nicht leicht vermittelbar – mit dem passenden Computerspiel dazu aber schon eher.

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