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Wirtschaft: Februar-Depression an der Frankfurter Börse

Beim erbitterten Ringen zwischen Bären und Bullen gibt es im Februar einen klaren Punktesieger: die Bären. Nur noch zehn Prozent der Aktienhändler seien bullish, hieß es auf dem Frankfurter Parkett.

Beim erbitterten Ringen zwischen Bären und Bullen gibt es im Februar einen klaren Punktesieger: die Bären. Nur noch zehn Prozent der Aktienhändler seien bullish, hieß es auf dem Frankfurter Parkett. Vor allem in den Faschingswochen hatten die Bullen wenig zu lachen: Im Schlepptau der US-Märkte sackte der Dax von 5100 auf gut 4740 Punkte ab. Auch zum Monatschluss bremsten die Börsen-Skeptiker kleinere Erholungsversuche zurück an die 5000-Punkte-Marke. Positive Konjunkturmeldungen verpufften praktisch wirkungslos. Der Grund für die Februar-Depression: Das Enronitis-Virus. Bilanztricksereien oder zumindest eine "kreative Buchhaltung" nach Art des bankrotten US-Energiehändlers Enron vermuteten viele Investoren auch in anderen Unternehmen.

Den Abwärtstrend beschleunigt haben die Shortsellers - die Händler, die auf fallende Kurse spekulieren und daran verdienen. Unsicherheit und Angst vor negativen Enthüllungen ist das ideale Terrain für sie. Sie sind im Februar erneut massiv auf den Plan getreten und hatten auch Dax-Firmen im Visier, dem Vernehmen nach vor allem MLP und die Deutsche Bank.

Gegen den Finanzdienstleister MLP wurden aus dem Investment-Haus JP Morgan offenbar gezielt Gerüchte gestreut, es gebe "Unregelmäßigkeiten" in der Buchführung. Trotz entschiedener Dementis der Unternehmensleitung und Hinweisen auf die extrem konservative Bilanzierung blieb MLP mit einem Minus von über 22 Prozent Verlierer des Monats. Auch bei der deutschen Bank gab es Enronitis: Das Haus soll Enron bei den fraglichen Bilanzierungsmethoden beraten haben. JP Morgan senkte die Gewinnprognose und brachte das Papier so erheblich unter Druck.

Nicht ganz so negativ sahen die Investoren die beiden anderen Dax-Banken, die den Monat mit jeweils etwa fünfprozentigem Minus beendeten. Besänftigt haben dürfte die Anleger dabei die jüngsten Quartalszahlen der Hypo-Vereinsbank, die deutlich besser ausgefallen waren als erwartet. Dass die Commerzbank als einziges Dax-Papier unter seinem Buchwert notiert, hielt die Beteiligungs-Gesellschaft WCM für ein klares Kaufargument. Das M-Dax-Unternehmen erhöhte seinen Anteil an Deutschlands drittgrößtem Kreditinstitut auf 5,5 Prozent - und will weiter zukaufen.

Die große Unsicherheit über die künftige Wirtschaftsentwicklung spiegelte sich vor allem in den Auto-Papieren: Anders als BMW und VW schaffte Daimler-Chrysler den Weg zurück ins positive Terrain nicht. Aus Angst vor einer neuen Gewinnwarnung für das laufende Geschäftsjahr und aus Ärger über die geplante Kürzung der Dividende warfen viele Investoren das Papier vor der Bilanzvorlage zur Monatsmitte aus ihrem Depot. Die Warnung blieb aus, die Käufer kamen zurück. Am Ende blieb jedoch ein Monatsminus von etwa sechs Prozent. Ähnlich unsicher sind auch die Analysten: Goldman Sachs sieht den Kurs auf Sicht von zwölf Monaten bei höchstens 50 Euro, die Landesbank Baden-Würrtemberg bei 60 und ABN Amro bei 35 Euro.

Gut im Rennen blieb hingegen auch im Februar jenes Berliner Unternehmen, das mit 30-prozentigem Plus auch im Jahresvergleich am besten abgeschnitten hat: Schering. Die vorläufigen Bilanzzahlen überraschten erneut positiv mit höherem Nettogewinn. Bergab ging es jedoch mit Bayer und BASF. Beide Unternehmen konnten nicht von der Rekordprognose aus dem Haus Akzo Nobel profitieren.

In der Technologie verlor SAP ebenso wie die Telekom, die unter dem gescheiterten Verkauf ihres Kabelnetzes und der möglichen Verschiebung des Börsengangs von T-Mobile litt. Die meisten Prügel bezog indes Epcos: Der Hersteller für elektronische Bauelemente setzte seinen seit November intakten Abwärtstrend fort und näherte sich mit mehr als zehnprozentigem Monatsverlust seinem September-Tief bei gut 32 Euro weiter. Im vergangenen Spätherbst hatten Anleger noch 60 Euro für das Papier gezahlt.

Gegen den allgemein schwachen Trend bei Technologiewerten kam nur Infineon an. Mit einem Monatsplus von elf Prozent setzten sich hier die Konjunktur-Optimisten durch. Denn Chipwerte spiegeln eine Konjunktur-Erholung traditionell als erste wider. Positiv ausgewirkt hat sich wohl auch, dass Infineon in der Übernahmeschlacht um den südkoreanischen Chip-Hersteller Hynix aufgegeben hat. Hynix gilt als technologisch schwach und steht vor riesigen Schuldenbergen. Die gute Wertentwicklung des spekulativsten und konjunktursensibelsten Dax-Papiers könnte abfärben: Die Bullen sind nach dem schwachen Februar wieder in Lauerstellung.

Veronica Czisi

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