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Meister müssen sie sein, die Schornsteinfeger, die ihre Kehr- und Prüfarbeit auf dem liberalisierten Markt anbieten wollen. Eine Geschichte, warum Schornsteinfeger zum Glückssymbol wurden, geht so: Verrußte Kamine bargen früher eine höhere Brand- oder Vergiftungsgefahr. Sah man also einen Schornsteinfeger im Dorf, konnte man sicher sein, dass ein solches Risiko fürs Erste gebannt war. Foto: dpa

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Wirtschaft: Fegefreiheit

Mit dem neuen Jahr endet das Bezirksmonopol der Schornsteinfeger – nun könnten die Gebühren steigen.

Berlin - Sie tragen markante schwarze Anzüge mit goldenen Knöpfen, haben einen Zylinder auf dem Kopf und nach altem Brauch soll es Glück bringen, sie anzufassen. Schornsteinfeger – oder als solche verkleidete Menschen – sind oft bei Umzügen, Hochzeiten und Stadtfesten zugegen.

Bislang konnten sich die „Glücksbringer von Beruf“ darauf verlassen, die Kamine in ihren Bezirken in einer gesetzlich gegen Konkurrenz abgeschirmten Arbeitswelt zu kehren. Ab Neujahr wird sich das ändern – das Schornsteinfegermonopol fällt. Was viele Hauseigentümer jedoch mehr interessiert als mittelalterlich anmutende Folklore, sind die Preise, die sie für saubere Kamine berappen müssen. Und die werden nach bisherigen Erkenntnissen nicht etwa sinken, sondern steigen.

„Wir erwarten anfangs keinen großen Wettbewerb“, sagt Alexander Wiech vom Eigentümerverband Haus & Grund. Da aus Gebühren frei verhandelbare Preise werden und bislang wenige Anbieter auf den Markt drängen, nutzen viele alte Bezirksschornsteinfeger die Situation für einen Preisaufschlag. Denn die Abnahme neuer Anlagen und die Feuerstättenschau bleiben ihre „hoheitlichen Aufgaben“, auch wenn sie sich künftig „Bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger“ nennen. Experten erwarten, dass die Gebühren für diese hoheitlichen Aufgaben künftig steigen. „Die kommende Erhöhung dieser Gebühren konterkariert die ganze Idee der Liberalisierung“, sagt Wiech. Sorgen macht Verbraucherschützern auch das Beispiel Schweiz, wo nach einer Marktliberalisierung die Preise um mehr als 20 Prozent gestiegen sind.

Aufgaben, die Hauseigentümer künftig an freie Kaminkehrer geben und damit prinzipiell auf Ersparnisse hoffen dürfen, sind die Reinigung von Kaminen, deren Überprüfung sowie die Abgasmessung bei Heizungen. Der Berliner Landesinnungsmeister Heiko Kirmis sieht die Neuerungen „als Chance“. Die wenigsten Besitzer der bislang 900 von ihm betreuten Häuser in Wilmersdorf hätten Wechselwünsche geäußert. „Bisher waren wir verantwortlich, nun muss sich der Kunde kümmern und beispielsweise selbst Termine vereinbaren.“ Mit Chance meint Kirmis vor allem auch neue Freiheiten für die Schornsteinfeger, die sie als Ausgleich für den Wegfall des Monopols von der Politik erhalten haben. So dürfen sie nun beispielsweise auch als Energieberater für Privathaushalte Geld verdienen.

Positiv für die Kunden wird sein, dass sie sich künftig die Termine selbst aussuchen können, manche hatten sich immer wieder mal über die diktierten Zeitpunkte der Prüfungen geärgert. „Dafür kann es sein, dass man länger warten und lange im Voraus planen muss“, verteidigt Kirmis die alten Zeiten, in denen es seiner Ansicht nach auch kein Monopol gegeben habe. „Und wenn, hatte das der Staat. Wir haben ja nicht die Höhe der Gebühren festgelegt.“ Das größte Hindernis für den schnellen Einstieg in den Markt ist die nach wie vor vorhandene Meisterpflicht. Nur ungefähr 130 Schornsteinfeger mit Meisterbrief, die keinen eigenen Kehrbezirk haben und bei einem anderen Meister angestellt sind, gibt es derzeit in Berlin. Wer Meister werden will, braucht mindestens drei Jahre. Deshalb erwartet Kirmis Konkurrenz, wenn überhaupt, „aus der Branche selbst“. Alexander Wiech glaubt, dass auch Heizungsinstallateure mittelfristig auf den Markt drängen könnten. Jeder Neueinsteiger hätte jedoch den Nachteil, lange Wege in Kauf zu nehmen und bezahlen zu müssen, wenn er in verschiedenen Bezirken arbeiten möchte. „Wir empfehlen aber in jedem Fall einen Preisvergleich, langfristige Kehrverträge würde ich derzeit nicht unterschreiben, dafür lässt sich die Preisentwicklung zu schlecht vorhersagen“, erklärt Wiech.

Einer der wenigen, die bislang schon in Berlin am Fast-Monopol vorbei kehrten und sich nun weitere Aufträge versprechen, ist Roman Heit. Seit einigen Jahren dürfen nämlich EU-Firmen auf dem deutschen Markt tätig werden, Heit ist bei einem Österreicher angestellt. Zuvor war er bei einem Bezirksschornsteinfeger in Neukölln; er ist gar nicht gut auf die offiziellen Vertreter seiner Zunft zu sprechen. „Die haben immer noch die Macht, Kunden falsch zu informieren und einzuschüchtern“, sagt Heit. Er selbst könne 30 Prozent billiger kehren, weil er weniger Verwaltungsaufwand habe.

Wer sich nach einem neuen Schornsteinfeger umsehen möchte, kann das beim Bundesamt für Wirtschaft tun (www.bafa.de). Das dort vorhandene Register weist alle zugelassenen Kaminkehrer in einem Bezirk aus. Ob die Marktneulinge weiterhin die alte Uniform samt Zylinder tragen und ob sie tatsächlich Glück bringen, weiß jedoch auch das Register nicht.

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