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© dpa

Aktienjahr: Sekt statt Schampus

2009 gewann der Dax rund 25 Prozent – im neuen Jahr geht es langsamer bergauf.

2008 brachte ein Desaster, 2009 ein unerwartet großzügiges Geschenk – und was erwartet die Anleger 2010? Auf einen Nenner gebracht sind sich die Aktienstrategen der großen Banken wie auch die Vermögensverwalter relativ einig: Das neue Aktienjahr wird am Ende zwar keine riesigen Gewinne, aber eine positive Bilanz bringen. Zwischen 6300 und 6500 Punkten sehen die Aktienspezialisten den Dax in zwölf Monaten. Damit entfernen sie sich nicht allzu weit vom aktuellen Stand bei knapp 6000 Punkten.

Auch beim Verlauf der Dax-Kurve sind sich die Experten weitgehend einig: Einem sehr freundlichen Jahresauftakt folgen Turbulenzen, verursacht vor allem durch Spekulationen über einen bevorstehenden Strategiewechsel der Notenbanken. Dass die Zinsen erhöht werden, könnte deutliche Bremsspuren an den Aktienmärkten hinterlassen, befürchten etwa die Commerzbank, die Crédit Suisse oder die Postbank. Auch an den Rentenmärkten sind mit der Zinswende Verwerfungen denkbar: Neue, höher verzinste Anleihen könnten bevorzugt werden, die Kurse laufender Papiere könnten fallen. So turbulent wie 2009 sehen die Auguren 2010 jedoch nicht.


BIS ZU 70 PROZENT GEWINN

Gestartet bei 4810 Punkten sackte der Dax bis Anfang März dieses Jahres auf 3590 Punkte und verarbeitete damit die schwerste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg. Dann siegte das Prinzip Hoffnung, genährt von immer häufigeren positiven Nachrichten. Der Dax jagte bis zum Jahresende über die 6000-Punkte- Marke. Das Jahresplus liegt bei etwa 24 Prozent; gemessen am Frühjahrstief hätten mutige Anleger sogar einen Gewinn von fast 70 Prozent erzielen können.

Nur zwei der 30 deutschen Standardwerte beenden das Jahr im Minus: die Commerzbank und die Deutsche Telekom. Während bei der Bank offensichtlich die staatliche Beteiligung Investoren verschreckte, gehört der Konkurrent Deutsche Bank mit einem Plus von knapp 90 Prozent zu den gefragtesten Papieren. Die Telekom-Aktionäre mussten auch 2009 Rückschläge hinnehmen. Zwar ging der Kurs im Dezember wieder über zehn Euro, dennoch liegt die Aktie selbst gemessen am Börsengang 1996 im Minus. Den Vogel schoss Infineon ab: Der Halbleiterhersteller mutierte zum Pennystock, flog bei 38 Cent aus dem Dax, kehrte im Herbst zurück und verschaffte dem Anleger schließlich ein Jahresplus von 370 Prozent.


VOR DER NEUEN WACHSTUMSDELLE

Wie geht es 2010 weiter? Die satten Zuwächse seien hauptsächlich Korrekturen der vorherigen Ausverkäufe, gibt die Fondsgesellschaft Union Investment zu bedenken. Erhole sich die Konjunktur weiter, werde auch die Aufwärtsbewegung weitergehen, wenn auch gebremst. Ähnlich sieht dies die DWS, die als Fondstochter der Deutschen Bank um Kunden werben muss und daher optimistischer ist als das Mutterhaus. Während die Bank selbst für 2010 am Ende mit 5860 Dax-Punkten, also einem Minus, rechnet, geht die DWS von knapp 6500 Zählern aus. Zwar werde die Luft dünner, sagt DWS-Chef Klaus Kaldemorgen, doch würden die Aktienmärkte schlicht mangels renditestarker Alternativen auch 2010 weiter gefüttert. Der deutsche Bankenprimus selbst hingegen befürchtet eine neue Wachstumsdelle durch auslaufende Konjunkturprogramme, dazu an den Rentenmärkten eine Flut neuer Anleihen. DB-Anlageexperte Wolfgang Stöhr rät Investoren daher, selektiv auf die Profiteure des Weltwirtschaftswachstums zu setzen, also auf die Branchen Energie, Investitionsgüter, Informationstechnologie und Rohstoffe. Der Schwerpunkt solle dabei auf Aktien mit hoher Dividendenrendite und guter Bilanzstruktur liegen.

Die Union Bancaire Privée, eine auf Vermögensverwaltung spezialisierte Schweizer Privatbank, sieht schweres Wasser auf die Anleger zukommen: Mit ihrer Prognose von 4500 Punkten führt sie die Liste der Pessimisten an, zu denen auch die Berliner Weberbank mit ihrer Erwartung von 5300 Punkten gehört. Beide erklären, dass ein Gutteil der für 2010 erwarteten Firmengewinne schon in den aktuellen Kursen enthalten sei. Zudem glaubt die Union Bancaire Privée, dass die hohen Staatsschulden weltweit Opfer fordern und damit neue Turbulenzen an den Finanzmärkten provozieren könnten. Kandidaten seien neben Griechenland auch Irland oder Großbritannien.

POSITIVE ÜBERRASCHUNGEN

Mit einem Kursniveau von 7500 Dax- Punkten rechnet die britische HSBC für Ende 2010. Ähnlich positiv sind auch die Prognosen der Bank of America, der Hessischen Landesbank und der Schweizer Großbank UBS. Die Argumente: Bei den Unternehmensgewinnen sei 2010 mit einigen unerwartet frohen Botschaften zu rechnen, meint etwa Markus Reinwand von der Helaba. Auch ist es laut HSBC fraglich, ob die Politik des lockeren Geldes schon 2010 beendet werde. Viele Investoren verfügten weiter über dicke Liquiditätspolster, die zumindest teilweise in die Aktienmärkte fließen würden.

Zu den Favoriten zählen bei Pessimisten wie Optimisten nahezu durchgängig Aktien und Märkte der Schwellenländer. „Emerging Markets werden 2010 die treibende Kraft“, glaubt etwa Elke Speidel- Walz von der Deutschen Bank. Aktien seien dort vielfach günstiger bewertet als in Industrienationen, lägen dabei deutlich unter dem Niveau vor der Krise.

Wer am Ende recht behalten wird, steht in den Sternen. Den Dax-Schlussstand von 2009 haben die Banken und Fondsgesellschaften in ihren Prognosen Ende 2008 – im Schnitt hatten sie gut 5000 Punkte erwartet – jedenfalls um glatt 1000 Punkte verfehlt.

Veronika Csizi

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