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Bankbilanzen: Neue Regeln in der Krise

Europäische Banken sollen ihre Bilanzen künftig nach einfacheren Regeln erstellen können. Setzen sich die Vorschläge durch, könnte das die Probleme der Institute verschärfen.

In Zukunft sollen die Geldhäuser zwei Möglichkeiten haben, ihre Wertpapiere zu bilanzieren: Papiere, die Banken regelmäßige Erträge bringen und von ihnen bis zur Endfälligkeit gehalten werden, sollen zum Anschaffungspreis in die Bilanz aufgenommen werden. Riskantere Finanzprodukte hingegen sollen zum aktuellen Marktwert angesetzt werden. Das ist der Kern des lange erwarteten Reformvorschlags, der am Dienstag vom europäischen Ausschuss für Bilanzierungsregeln IASB in London vorgelegt wurde. Die Regeln können von Banken bereits für das laufende Jahr angewendet werden und sollen ab 2012 für alle Institute verbindlich sein.

Bislang gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Papiere zu bilanzieren. Am bekanntesten ist wohl die Vorschrift, Wertpapierbestände in der Bilanz zum aktuellen Marktwert (fair value) zu bewerten. Weil in der Finanzkrise der Kurs vieler Papiere einbrach, führte das zu teils drastischen Abschreibungen und brachte viele Banken in Bedrängnis. Hinzu kommt, dass oft keine Marktwerte zu ermitteln sind, weil viele Produkte seit Beginn der Krise de facto gar nicht mehr gehandelt werden.

Neben der fair-value-Regel sieht die maßgebliche Richtlinie IAS 39 aber zahlreiche Sonderregeln vor. Diese sollen jetzt wegfallen, der fair-value-Ansatz gestärkt werden. Kritiker werfen den Bilanzwächtern deshalb vor, durch die Neuregelung die Krise zu verschlimmern. Die Bankenbranche fürchtet, dass nur für sehr einfach konstruierte Produkte der Anschaffungswert gilt und künftig noch mehr Papiere als bislang nach dem Marktwert in die Bilanz aufgenommen werden müssen. Trifft das zu, hätten die Vorschläge des IASB neue Wertberichtigungen zur Folge.

"Sollte es im Zuge der neuen Vorschläge zu einer Ausweitung der Zeitwertbilanzierung kommen, wäre dies - auch vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise - nicht sachgerecht", sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, Hans-Joachim Massenberg. Das jeweilige Geschäftsmodell einer Bank solle maßgeblich dafür sein, wie Finanzinstrumente zu bewerten und zu klassifizieren seien. Auch banknahe Wirtschaftsprüfer kritisierten die IASB-Vorschläge. Der Ausschuss hingegen erklärte, die neuen Regeln für Europa verringerten die Komplexität und verschafften Investoren einen besseren Überblick über den Wert von Finanzinstrumenten.

Mehrere EU-Staaten, darunter vor allem Deutschland und Frankreich, hatten gefordert, die europäischen Vorschriften denen in den USA anzugleichen. Dort hatten die zuständigen Bilanzwächter die Anforderungen für die Zeitwertbilanzierung im April bereits gelockert.

Quelle: ZEIT ONLINE, Reuters

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