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Bernard L. Madoff: Weltweit zittern Banken nach dem US-Milliardenbetrug

Es ist der größte Börsenbetrug der Weltgeschichte. Der Fall des früheren Börsenchefs Madoff schädigt auch Fonds, Universitäten und Stiftungen.

Von Andreas Oswald

Der frühere US-Börsenchef Bernard L. Madoff hat mit dem größten Börsenbetrug der Weltgeschichte Banken weltweit Milliardenverluste beschert. Auch Europas Banken sind massiv betroffen. Spaniens größte Bank Santander hat nach eigenen Angaben 2,3 Milliarden Euro bei Madoff angelegt. Wie Reuters weiter berichtet, stehen bei Europas größter Bank HSBC bis zu einer Milliarde Dollar auf der Kippe. In Großbritannien geht außerdem die Royal Bank of Scotland von Ausfällen von bis zu 445 Millionen Euro aus, der Hedgefonds Man Group von 267 Millionen Euro. In Frankreich befürchtet Branchenführer BNP Paribas Ausfälle von bis zu 350 Millionen Euro. Schweizer Privatbanken sind laut AFP schätzungsweise mit bis zu fünf Milliarden Dollar bei Madoff engagiert, die als verloren gelten.

In Deutschland hat sich bisher nur die Deutsche Bank geäußert. Sie sagte, sie sei von dem Betrugsfall nicht betroffen. Die Commerzbank verwies auf das Bankgeheimnis. Finanzkreisen zufolge wurde die Bank nicht von dem mutmaßlichen Milliarden-Betrug in Mitleidenschaft gezogen. Deutschen Aufsichtsbehörden ist bisher nichts von einem Engagement deutscher Banken bekannt.

Experten gehen aber davon aus, dass sich in den nächsten Tagen noch viele Opfer melden werden. Bernard L. Madoff soll Anleger aus der ganzen Welt mit einem Schneeballsystem um 50 Milliarden Dollar betrogen haben. Der ehemalige Chef der Börse Nasdaq, der heute 70 Jahre alt ist, galt jahrzehntelang als einer der namhaftesten und seriösesten Banker der Wall Street. Die Investoren standen bei ihm Schlange, die Reichsten, aber auch Wohltätigkeitsstiftungen wähnten ihr Geld bei ihm in guten Händen.

Katastrophale Folgen

Jahrzehntelang zahlte er zweistellige Renditen aus, bezahlte sie aber mit den Einzahlungen neuer Investoren. Es handelte sich um ein klassisches Schneeballsystem nach dem Ponzi-Modell – benannt nach dem Betrüger Charles Ponzi aus den 20er Jahren. Ein solches Schneeball- oder Pyramidensystem, wie es immer wieder in armen Ländern oder in geschlossenen Milieus Anleger findet, kalkuliert gezielt mit der Gier der Beteiligten und funktioniert so lange, bis nicht mehr ausreichend neue Anleger gefunden werden.
Am vergangenen Mittwoch brach Madoffs System zusammen. Als er seinen beiden Söhnen die Lage eröffnete, riefen diese das FBI an. Seither herrscht weltweit blankes Entsetzen unter Anlegern. Zu den Opfern gehören nicht nur Banken, Fonds und Konzerne, sondern auch Stiftungen und Universitäten.
 
Die Folgen für sie sind katastrophal. Die US-Stiftung Robert I. Lappin, die Bildungsprogramme in Israel finanziert, verlor ihr gesamtes Vermögen. Betroffen sind laut „Wall Street Journal“ Stiftungen des Hollywoodregisseurs Steven Spielberg und des Holocaust-Überlebenden und Friedensnobelpreisträgers Elie Wiesel.
Bernard L. Madoff, der sein System gegenüber den Ermittlern als „eine große Lüge“ beschrieb, muss mit 20 Jahren Gefängnis rechnen. Er wurde jetzt gegen eine Kaution von zehn Millionen Dollar auf freien Fuß gesetzt.  (mit dpa)

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