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Börse in Frankfurt.

© dpa

Börse heute: EZB-Chef Mario Draghi lässt den Leitzins unverändert

EZB-Präsident Mario Draghi rechnet mit einer allmählich anziehenden Konjunktur in der Euro-Zone. Den Leitzins im Euroraum belässt die Notenbank deshalb bei 0,25 Prozent - trotz der extrem niedrigen Inflation.

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Trotz der extrem niedrigen Inflation hält die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins im Euroraum bei 0,25 Prozent. Das beschloss der EZB-Rat am Donnerstag in Frankfurt, wie die Notenbank mitteilte. EZB-Präsident Mario Draghi sagte am Mittag auf einer Pressekonferenz, er rechne mit einer allmählich anziehenden Konjunktur in der Euro-Zone. Die Erholung der Wirtschaft werde zusehends durch eine stärkere Binnen-Nachfrage unterstützt, sagte der Italiener. Zudem sei mit einer kräftigeren Nachfrage nach Exporten aus der Euro-Zone zu rechnen. Der Deutsche Aktienindex reagierte zunächst mit Kursverlusten - drehte am Nachmittag aber ins Plus.

Im März war die Jahresteuerung im Euroraum auf 0,5 Prozent gesunken und damit auf den niedrigsten Stand seit mehr als vier Jahren. Der Wert liegt deutlich unterhalb der Zielmarke der EZB von knapp unter 2,0 Prozent. Das hatte die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Zinssenkung steigen lassen. Denn der seit Monaten geringe Preisauftrieb schürt Sorgen vor einer Deflation, also einer Abwärtsspirale der Preise quer durch alle Warengruppen. Unternehmen und Verbraucher könnten dann Investitionen und Anschaffungen in der Erwartung weiter sinkender Preise hinauszögern. Das könnte die ohnehin noch fragile Erholung der Konjunktur in Europa abwürgen.

Dennoch hatte die Mehrheit der Ökonomen nicht mit einer Zinssenkung gerechnet. "Eine Senkung wäre eine echte Überraschung gewesen", sagte Jan Holthusen, Leiter des Zins- und Anleihenresearch der DZ Bank. Auch die Volkswirte verweisen darauf, dass die Konjunktur im Euroraum allmählich anzieht. Das stärkt den Preisauftrieb. Ohnehin dürfte die Inflationsrate schon im April wieder anziehen, meint etwa Commerzbank-Ökonom Christoph Weil: „Durch die späte Lage von Ostern in diesem Jahr werden insbesondere die Preise für Pauschalreisen im April stärker steigen als im Vorjahr.“ Auch der Effekt des milden Winterwetters laufe aus. Im November hatten die Währungshüter den Leitzins nach dem Rückgang der Teuerung in den 17 Euro-Ländern auf das Rekordtief von 0,25 Prozent gekappt.

Warum sinkende Preise schlecht sind

Eine Abwärtsspirale beim allgemeinen Preisniveau könnte die ohnehin noch fragile Erholung der Konjunktur in Europa abwürgen. Der Bankenverband BdB erklärt: „Das Ergebnis einer Deflation wären also steigende Arbeitslosigkeit und hohe Defizite in den öffentlichen Haushalten. Dies würde über indirekte Effekte auch die Sparer treffen.“ Wie real ist die Deflations-Gefahr? „Eine handfeste Deflation ist in der Eurozone eine sehr weit entfernte Gefahr“, meint Berenberg-Volkswirt Christian Schulz. Das betont auch regelmäßig das EZB-Spitzenpersonal. Bundesbankpräsident Jens Weidmann hatte Mitte März erklärt, er halte die Risiken von Preis- und Lohnrückgängen auf breiter Front im Euroraum für sehr begrenzt: „Gegen ein solches Szenario spricht, das ungefähr zwei Drittel der gegenwärtigen Rückgangs der Inflationsrate auf die Preisentwicklung von Energie und unverarbeiteten Lebensmitteln zurückzuführen ist.“

Zinsboden fast erreicht

Bei den Zinsen hat die EZB den Boden fast erreicht. Mit einem Leitzins von 0,25 Prozent ist Zentralbankgeld für die Banken im Euroraum bereits extrem günstig. Ob eine weitere Zinssenkung die Geldinstitute dazu bewegen würde, mehr Kredite zu vergeben und so die Wirtschaft anzukurbeln, ist umstritten. "Wenn es denn wirklich Deflationsgefahren in der Eurozone geben sollte, könnte die EZB mit ihrer Zinspolitik ohnehin wenig dagegen ausrichten", sagte DZ Banker Holthusen. "Ein weiterer Zinsschritt wäre bloßer Aktionismus." Denkbar wäre aber, dass die EZB den Zins für Geld, das Geschäftsbanken bei der Notenbank parken, künftig auch unter Null senkt. Dann müssten Banken quasi Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld von der EZB aufbewahren lassen, anstatt es in Form von Krediten an Unternehmen und Verbraucher weiterzureichen. Theoretisch möglich wäre auch, dass die EZB in großem Stil Staatsanleihen aufkauft, wie es die Notenbanken Amerikas, Japans oder Großbritanniens bereits tun.

Skepsis am Nutzen noch billigeren Geldes

Nach Einschätzung des Bundesverbandes Deutscher Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) kann die EZB mit noch billigerem Geld dagegen so gut wie nichts ausrichten: „Die rückläufige Kreditvergabe in einigen Ländern ist das Ergebnis struktureller Probleme in Form von hohen Schuldenständen bei vielen Unternehmen und privaten Haushalten, aber auch des noch geschwächten Bankensektors in Südeuropa.“ .

Dax dreht ins Plus

Der Dax reagierte am Donnerstag zunächst mit Kursverlusten auf die Zinsentscheidung - drehte dann aber ins Plus. Gegen 15 Uhr stand das Börsenbarometer bei 9631 Zählern - das ist ein Plus von 0,1 Prozent. Die Tokioter Börse schloss am Morgen auf einem Drei-Wochen-Hoch. Angetrieben wurde sie von Nachrichten aus China, das Maßnahmen zur Konjunkturförderung ankündigt hatte, sowie von soliden Wirtschaftsdaten aus den USA. Einen Schub für die Tokioter Börse hatte auch die Wall Street gebracht, wo der S&P-500 am Vorabend auf ein Allzeithoch geklettert war. Die US-Industrie erzielte im Februar ein deutlich höheres Auftragsplus als erwartet. Zudem beschleunigte nach Daten der Arbeitsvermittlung ADP die Privatwirtschaft im März ihren Stellenaufbau. (mit Reuters und dpa)

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