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Dax

© dpa

Dax auf Talfahrt: „Das Vertrauen in die Märkte ist zerstört“

Händler an der Frankfurter Börse sprechen von einem Ausverkauf, der Dax fällt weit unter die Marke von 7000 Punkten. Anleger sollten nun auf alte Börsenweisheiten hören – denn die Situation ist noch nicht ausgestanden, warnen Wertpapierexperten.

Als der Deutsche Aktienindex Dax heute nach der Eröffnung in Frankfurt knapp zwei Prozent nachgab, dürfte das für viele Privat- und Kleinanleger ein Schock gewesen sein. Auch gestandene Händler sprachen angesichts steigender Verluste von bis zu sieben Prozent von Panikverkäufen – sogar von einem „Schwarzen Montag“ in Anlehnung an den Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 war die Rede.

So weit geht Fidel Helmer von den Privatbankiers Hauck & Aufhäuser im Gespräch mit Tagesspiegel.de nicht. „Dennoch, einen solchen Tagesverlust habe ich noch nicht so oft erlebt“, sagt Helmer, der mit vier Jahrzehnten Parketterfahrung nicht gerade ein Börsenneuling ist.

Auch Carsten Klude, Aktienspezialist bei M. M. Warburg, ist alarmiert. „Wir haben zwar schon Events erlebt, die schlimmer waren. Aber das sind heute schon sehr heftige Verluste.“ Ganz überraschend kommt die Talfahrt der Dax-Werte für ihn aber nicht. „Das hat sich seit der Jahreswende angekündigt“, sagt er und verweist auf deutliche Abschläge im laufenden Jahr in den kleineren Indizes MDax und SDax.

Angst vor US-Rezession

Bei der Suche nach den Schuldigen sind sich die Fachleute einig. Vorherrschend sei die Angst der Anleger vor einer Rezession in den USA, wo US-Präsident George W. Bush vergangene Woche ein Konjunkturprogramm angekündigt hatte. Mit mehr als 100 Milliarden Dollar will er die schwindende Freude der Amerikaner am Geldausgeben beleben. „Das Programm wird die Lage etwas entschärfen, aber nicht grundlegend“, meint Klude. „Die Konsumenten sind finanziell unter Druck.“

Dass der Dax ausgerechnet heute in diesem Ausmaß abgerutscht ist, hängt nach Helmers Ansicht mit schlechten Vorgaben aus Asien, maßgeblich aber mit der Situation der deutschen Banken zusammen. Die Eigentümer der Düsseldorfer WestLB müssen den Konzern mit einer Kapitalspritze von zwei Milliarden Euro stützen. Damit soll zum einen der zu erwartende Jahresverlust 2007 abgefangen werden. Zum anderen müssen umfangreiche Abschreibungen bei Wertpapieren, infolge der US-Hypothekenkrise, in Höhe von einer Milliarde Euro ausgeglichen werden.

Finanzwerte unter Druck

Hierzulande reagiere der Markt „besonders empfindlich“ auf die Bankenkrise, erläutert Helmer. Viele hätten gedacht, die schlimmsten Nachrichten über Abschreibungen seien bereits gelaufen – bis nun die WestLB mit ihrer Hiobsbotschaft kam. „Für die Börse gibt es nichts Schlimmeres als die Ungewissheit“, erklärt Helmer. Und derzeit sei völlig ungewiss, was noch aus dem Bankensektor zu erwarten sei. „Keine Bank lehnt sich aus dem Fenster, was ihre möglichen Verluste aus der Hypothekenkrise in den USA angeht.“

Anleger verkauften dementsprechend Finanztitel: Hypo Real Estate, schon in den vergangenen Wochen auf den Verkaufszetteln, verloren bis zum Nachmittag mehr als 13 Prozent, Postbank mehr als neun. Deutsche und Commerzbank gaben jeweils rund sieben Prozent ab.

Auch wenn der Dax die Verluste zum Nachmittag leicht reduzierte, ist von Entwarnung keine Rede. In den USA blieben die Börsen am Montag wegen des Martin Luther King Day geschlossen. „Die Märkte in Übersee werden natürlich auf die Talfahrt in Europa und Asien reagieren – und sie werden morgen nicht gut eröffnen“, prognostiziert Helmer. Zudem würden den Bank- nun die Versicherungswerte ins Minus folgen, denn auch diese seien stark in Wertpapieren investiert. „Die Situation ist noch nicht ausgestanden.“

Hände weg von fallenden Messern

Auch mittelfristig sei keine Besserung in Sicht. „Das Vertrauen in die Märkte aus den letzten zwei, drei Jahren ist erst einmal zerstört“, stellt Helmer fest. Wenig hoffnungsfroh ist auch Klude. „Die Abwärtsbewegung wird vorerst weitergehen – auf den Weg zu 8000 Punkten wird sich der Dax in den nächsten Monaten nicht machen.“

Klein- und Privatanleger sollten sich derzeit vorsichtig verhalten. „Eine alte Börsenweisheit besagt: Greife nie in eine fallendes Messer“, sagt Helmer. Solange die Kurse noch nachgeben, rät er von Käufen ab.

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