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© dpa

Dax-Rally: Die Wette gilt

Der Dax hat 6000 Punkte übersprungen – jetzt ist Vorsicht geboten.

Wenn an der Börse „psychologisch wichtige Marken“ erreicht und überschritten werden, schlägt die Stunde der Auguren. Am Mittwoch war es wieder so weit: Der Deutsche Aktienindex (Dax) sprang über die Marke von 6000 Punkten. Unter dem Eindruck kräftiger Kursgewinne – seit seinem bisherigen Jahrestief am 5. Februar hat der Dax knapp elf Prozent gewonnen – sieht mancher Fondsmanager alte Rekordstände in Reichweite. „Langsam werden die Skeptiker weichgekocht und müssen sich nun um 180 Grad drehen“, kommentierte Thilo Müller von MB Funds Advisory. Tatsächlich fehlt dem Dax nicht mehr viel bis zu seinem Hoch am Jahresanfang, als er am 4. Januar auf 6048 Punkte kletterte. Und gemessen an seinem Jahrestief 2009 (3692 Zähler am 9. März) beeindruckt der deutsche Leitindex mit einer für Krisenzeiten erstaunlichen Dynamik: der Gewinn liegt bei mehr als 60 Prozent.

Genau hier setzt die Skepsis der Pessimisten an. In den schnell gestiegenen Kursen, so ihr Argument, sind die Erwartungen und Hoffnungen an eine Erholung der Konjunktur und steigende Unternehmensgewinne verarbeitet. Angeheizt werde der Aktienmarkt nun allein vom billigen Geld, das die Notenbanken den Investoren immer noch zur Verfügung stellen. Mangels Alternativen (niedrige Zinsen, unattraktive Staats- und Unternehmensanleihen) greifen diese bei Aktien zu – auch, wenn die Bilanzkennzahlen einiger Dax-Konzerne (Daimler, Commerzbank, Merck) zuletzt eher enttäuscht haben.

RISIKEN

„Im Gegensatz zu den US-Unternehmen konnten die heimischen Konzerne in der noch auf Hochtouren laufenden Berichtssaison weit weniger glänzen“, analysieren etwa die Analysten der Landesbank Berlin. Auf der Basis der Unternehmensgewinne 2009 sei der Dax mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20 sehr hoch bewertet. Insgesamt werde sich am Ende der Berichtssaison zwar „ein gemischtes, leicht positives Bild“ ergeben. „Allerdings bleiben die vagen und vorsichtig formulierten Ausblicke der Knackpunkt.“ Und nur der Blick nach vorne interessiert die Börse wirklich. Die Landesbank-Experten raten deshalb zur Zurückhaltung: „Anleger sollten weiterhin vorsichtig agieren und defensive Sektoren bevorzugen.“ Eine Übergewichtung empfehlen die Analysten derzeit für die Branchen Bau, Nahrungsmittel, Pharma, Telekommunikation und Versorger. Den Dax sieht die LBB in zwölf Monaten bei 5900 Punkten – also unter dem heutigen Stand. In sechs Monaten erwarten sie 6000 Punkte. Ähnlich moderat sind die Prognosen der DZ Bank (Dax in sechs Monaten: 5500 Punkte) und der Helaba (6200).

Bis zum Herbst kann es nach Meinung vieler Banken allerdings noch ein heftiges Auf und Ab geben. Die Landesbank spricht von einem „Sägezahnmarkt“. Der Grund: Die Konjunkturaussichten sind noch diffus. Ifo-Geschäftsklima und ZEW-Indikator sind zuletzt wieder leicht gesunken. Der Griechenlandschock sitzt Unternehmen und Finanzexperten noch in den Knochen. Auch die Erholung der US-Wirtschaft ist deutlich, aber noch zu frisch, um nachhaltig zu sein.

CHANCEN

Die Deutsche Bank kommt dem Pessimismus vieler Anleger entgegen und schlägt Wetten auf fallende Kurse vor. In Kürze will die Bank eine Reihe von gehebelten Short-ETFs (Exchange Traded Funds) auf den Markt bringen. Hinter dem komplizierten Namen verbirgt sich ein einfaches Prinzip: Die Papiere bilden die Wertentwicklungen des Dax, S & P 500, Euro Stoxx 50 und FTSE 100 auf täglicher Basis doppelt nach, wie Vertriebsleiter Simon Klein erklärt. Fallen die Indizes also, steigt das entsprechende ETF mit dem Faktor zwei. Die Deutsche Bank glaubt, damit auf den richtigen Trend zu setzen: „Es wird auf eine Korrektur spekuliert.“ Einige Anleger seien bereits dabei, sich auf eine Korrektur der europäischen Indizes vorzubereiten. Vorteil eines ETF: geringe Kosten, Transparenz und Handelbarkeit. Anleger, die dem Aufschwung des Dax trauen, können mit dem Instrument auch auf einen weiter steigenden Index setzen.

Gründe dafür findet die Helaba in der Empirie. Die Landesbank Hessen-Thüringen hat die Dax-Entwicklung nach Bärenmärkten (nachhaltig fallende Kurse) nach 1960 untersucht und einen entsprechenden Indikator entwickelt. „Bislang signalisiert dieser Indikator keine Ermüdungserscheinungen des Marktes“, schreiben die Experten. Sie empfehlen Anlegern, die schon Dax-Papiere im Depot haben: „Solange das zyklische Erholungsmuster intakt ist, sollte die Devise lauten: Gewinne laufen lassen.“

Doch wann ist der richtige Zeitpunkt zum Ausstieg? Nach dem Kurssprung des Dax über die 6000-Punkte-Linie heißt es für einige Anleger, ihre Stopp-Loss-Marken zu korrigieren. Gegen Gebühr wird damit ein Punktestand festgelegt, bei dem automatisch eine Verkaufsorder ausgeführt wird, wenn der Dax auf dieses Niveau fällt. Das schont die Nerven – und sichert Gewinne, statt Verluste laufen zu lassen.

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