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Dax-Rekord: Zurück zur Zukunft

8151 Punkte: Freude über den Rekord, Angst vor dem Absturz - nach sieben Jahren erklimmt der Dax einen neuen Gipfel. Die Anleger sind vorsichtiger als im Jahr 2000.

Frankfurt am Main - So kann es selbst erfahrenen Experten gehen. Dem Deutschen Aktienindex Dax werde der Rekord in diesem Sommer schwerfallen, meinte Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Bank of America, am Freitag in einem Interview. Von wegen: Just am Freitag dem 13. knackte der Index den alten Rekord vom 7. März 2000 von 8136,16 Punkten. Der neue Höchststand kurz nach Handelsbeginn in Frankfurt lautete auf 8151,57 Punkte. Der Rekord am Abend zuvor an der Wall Street hatte dem Index zum Rekord-Sprung verholfen. Doch der Mut verließ die Börsianer wieder. Der Dax rutsche wenige Minuten nach Handelsbeginn wieder Richtung 8100 Punkte und verharrte da auch bis kurz vor Börsenschluss.

Von Euphorie war am Freitag auf dem Börsenparkett denn auch wenig zu spüren. Kein Schampus, keine Jubelschreie. Ganz anders am 7. März 2000, als der Dax auf 8136,16 Punkte gestiegen war. Heutzutage kennzeichnet stille Freud die neue Rekord-Stimmung. Und Vorsicht. Auch das ist anders als im März 2000. Warnende Stimmen wurden damals überhört. Die Boulevardzeitung mit den großen Buchstaben verwies auf die heißesten Aktien; im Fitness-Studio, in Straßen-Bahnen, in Kneipen wurde über die attraktivsten Papiere diskutiert.

Es folgte der Absturz. Der Dax rutschte bis März 2003 auf 2403 Punkte ab. Seitdem sind die Kurse kontinuierlich nach oben gegangen. Vor allem seit Anfang 2006 liefen die Kurse kontinuierlich nach oben, wirklich gebremst nur durch den Einbruch Anfang März, als die Probleme am Aktienmarkt in China auch die Börsen in Europa und in USA nervös machten. Aber das ist längst Geschichte. Die robuste Verfassung deutscher Aktien zeigte sich vor wenigen Wochen, als neue Probleme in China am deutschen Markt keine Spuren hinterließen.

„Wir haben fundamental eine völlig andere Situation als vor sieben Jahren“, sagt Börsenpsychologe Joachim Goldberg. „Die Unternehmen sind gesund und haben Substanz. Das wirtschaftliche Umfeld ist solide.“ Im März 2000 standen deutsche Konzerne vor der Restrukturierung, viele verbuchten Verluste, am zwischenzeitlich begrabenen Neuen Markt waren Unternehmen gelistet, bei denen die Verluste höher waren als der Umsatz.

Heute stehen deutsche Unternehmen meist sehr gut da: 2006 haben viele ein Rekordjahr verbucht, auch das erste Quartal brachte gute Ergebnisse. Nie zuvor haben die 30 größten börsennotierten Unternehmen so viel Geld an ihre Anleger ausgeschüttet wie in diesem Jahr. Trotz der deutlichen Kursgewinne gelten die Aktien nicht als überbewertet, manche sogar immer noch als preiswert.

Die Situation ist nach Auffassung von Goldberg auch deshalb völlig anders, weil viele Investoren und Fondsmanager vorsichtig sind. Die Privatanleger ohnehin. In den ersten fünf Monaten haben sie Anteile an Aktienfonds im Wert von mehr als acht Milliarden Euro verkauft, das war mehr als im gesamten Jahr 2006. Die Anleger sind misstrauisch. Ganz anders als im März 2000.

Die schlimmen Erfahrungen in den drei Jahren danach, als nicht nur die Telekom-Aktionäre bis zu 90 Prozent ihres Kapitals einbüßten, wirken nach. Der Vertrauensverlust war immens: Im Januar 2000 hatten Banken die Telekom-Aktie noch als eines der besten Papiere gelobt. Es folgte ein katastrophaler Einbruch, den Kleinanleger nicht noch einmal erleben möchten. Deshalb bleiben sie gleich ganz weg. Zudem fehlt der Nachbar, der mit dicken Kursgewinnen prahlt und zur Nachahmung provoziert. Auch das war vor sieben Jahren anders.

Die Angst, dass sich die Börsengeschichte vom März 2000 und den Jahren danach wiederholt, ist unter den Experten begrenzt. Selbst die steigenden Zinsen, hoch gesetzt durch die Europäische Zentralbank (EZB) und der starke Euro können nicht wirklich schrecken. Die Kurse könnten weiter steigen. Die Aussichten für den Dax, sagt selbst Bank of America-Chef-Volkswirt Schmieding, seien gut. Der langfristige Aufwärtstrend sei noch nicht am Ende. Manche sehen den Index in einem Jahr bei 9500, andere sogar bei 10 000 Punkten.

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