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Finanzen: Flucht ins Gold

Das Edelmetall wirft mehr ab als Aktien – und die Aussichten für 2009 sind gut. Bei den Goldhändlern herrscht deshalb zurzeit reger Betrieb.

Seit 6000 Jahren ist Gold fester Bestandteil menschlicher Kultur. Vor allem in Krisenzeiten wächst die Faszination des Edelmetalls. Bei vielen Goldhändlern sind Goldmünzen und Barren schon seit Wochen ausverkauft. „Wir haben eine drei mal höhere Nachfrage als sonst, aber zu wenig Ware“, sagt Heiko Ganß, Geschäftsführer von Pro Aurum Berlin. Beliebte Goldmünzen wie der südafrikanische Krugerrand, der American Eagle oder der kanadische Maple Leaf seien derzeit schlicht „nicht verfügbar“. Zu haben sind hingegen noch Stückelungen der österreichischen „Philharmoniker“ oder des australischen „Nugget/Känguruh“.

Auch wer Goldbarren kaufen möchte, ob als Fünf-Gramm-Stück zu 96 Euro oder im Kilo für gut 19 300 Euro, muss sich bei vielen Händlern gedulden. Der Wunsch nach Vermögenssicherung sei so ausgeprägt, sagt Ganß, dass die Hersteller mit der Produktion nicht nachkommen. Das Motiv für den Kauf sei dabei weniger die Hoffnung auf Gewinnsteigerungen als die Flucht in einen sicheren Hafen.

Dabei war Gold in diesem Jahr bisher kein schlechtes Geschäft. Anders als beispielsweise Dax-Aktien, die 2008 im Schnitt gut 40 Prozent verloren haben, notiert der Goldpreis mit 853 Dollar je Feinunze (gut 31 Gramm) etwa 7,4 Prozent höher als vor einem Jahr. Gemessen am Tief vom Frühjahr 2001 bei 250 Dollar ist Gold um 240 Prozent teurer geworden. Seit kurzem ist Gold sogar erstmals teurer als Platin.

PROGNOSE: 2000 DOLLAR

Geht es nach der Mehrheit der Gold- Analysten, so könnte sich dieser Trend auch 2009 fortsetzen. „Das Umfeld für Gold ist derzeit sehr attraktiv“, sagt Eugen Weinberg, Rohstoff-Experte der Commerzbank. Dass die US-Notenbank den Leitzins aktuell fast an die Null-Verzinsung gesenkt habe und damit den unattraktiv verzinsten Dollar schwäche, spreche für Gold. Weinberg kann sich im ersten Quartal 2009 Kurse über 900 Dollar und Ende 2009 auch die Rückkehr an die 1000-Dollar-Marke vorstellen.

Bereits im März dieses Jahres hatte Gold diese magische Marke geknackt, war dann jedoch – im Einklang mit dem schwächeren Euro – bis auf gut 700 Dollar zurückgefallen. Etwas forscher sogar wagen sich die Analysten der Citigroup nach vorne: Gold werde Profiteur vieler denkbarer Szenarien sein, ob einer Deflation oder eine galoppierenden Inflation, und binnen zwölf Monaten auf 2000 Dollar steigen. Anders als bei anderen Rohstoffen sei ein Preisanstieg nicht mit einer Verknappung zu begründen, sagt Analyst Weinberg, denn die bisherige Gesamtfördermenge der Menschheit von 155 000 Tonnen sei ja immer noch vorhanden. Rund 28 600 Tonnen davon lagern in den Kellern der Notenbanken weltweit, 97 000 Tonnen sind zu Schmuck und Kunst verarbeitet, den Rest horten Investoren. Etwa 1100 Tonnen allein halten die großen Rohstoff-Direktanbieter oder Exchange Traded Commodities (ETC).

PAPIER STATT BARREN

Auch in Deutschland ist der Run auf solche Gold-Direktanlagen groß. Ihr Vorteil: Sie sind eine Art Mittelweg zwischen einer direkten Goldanlage in Form von Münzen und Barren und dem indirekten Weg über Zertifikate, Fonds oder Minenaktien. Meist handelt es sich um ein börsengehandeltes Papier, das zwar als Inhaberschuldverschreibung nicht gegen eine Pleite des Emittenten abgesichert ist, dafür aber das Geld der Anleger mit Käufen von physischem Gold, teilweise auch mit Buchgold-Ansprüchen, unterlegt. Verkauft der Anleger das Papier, kann er statt Geld auch Gold verlangen. „Xetra Gold“ etwa, herausgegeben von der Deutschen Börse Commodities GmbH, (Wertpapierkennnummer A0S9GB), liefert für jedes Papier zu derzeit 19,5 Euro ein Gramm Gold. Das Risiko: Der Wert des Papiers hängt nicht ausschließlich am Goldpreis, sondern auch an der Bonität des Herausgebers. Andere ETC sind beispielsweise der ETFS Physical Gold (A0N62G) oder der Gold Bullion Securities (A0LP78), der aktuell 3 720 800 Unzen in den Tresoren der HSBC-Bank deponiert hat.

Generell gilt: Da Gold in Dollar gehandelt wird, geht ein europäischer Anleger ein Währungsrisiko ein. Weil der Euro im Vergleich zum Dollar 2008 bisher 2,5 Prozent abgewertet hat, hätte eine Goldanlage in diesem Zeitraum – in Euro zurückgetauscht – profitiert. Im Vorjahr jedoch schmälerte der Dollarverfall von zehn Prozent die Bilanz erheblich. Umgehen kann man dies mit Hilfe so genannter Quanto-Zertifikate: Unter den weit mehr als 1300 verschiedenen Zertifikaten auf den Goldpreis, einen Goldindex oder einen Korb von Goldminen-Aktien, sind auch währungsgesicherte Produkte, meist einfache Index- oder Tracker-Papiere, die den Goldpreis direkt abbilden. Die Absicherung kostet etwa zwei Prozent Rendite pro Jahr. Anders als Fonds bergen Zertifikate jedoch grundsätzlich ein Emittenten-Risiko.

Fonds investieren entweder direkt in Gold wie der DWS Gold Plus oder in Aktien von Goldminen. „Minenwerte sind zuletzt in erster Linie als Aktien, erst in zweiter Hinsicht als Goldwerte behandelt worden“, sagt Rohstoff-Experte Weinberg. Mit den Aktienmärkten sind daher auch Goldminen-Fonds stark eingebrochen.

Wer noch schnell ein großes Schmuckstück auf den Gabentisch legen will und dies auch als Absicherung von Zukunftsrisiken begreift, der irrt. „Die Verarbeitungskosten liegen in Deutschland 200 Prozent über dem Rohstoffpreis“, erklärt Martin Siegel vom Goldhändler Westgold. Anders in Asien, wo diese Spanne bei zehn Prozent liegt und Goldschmuck als Wertanlage gilt. Zudem: Schmuck hat einen Goldgehalt von höchstens 75 Prozent (750er oder 18 Karat). Anders Münzen und Barren: Sie bestehen zu 91 bis 99 Prozent aus reinem Gold. Allerdings haben Händler und Hersteller wie Münzprägestätten oder Barrenproduzenten wie Heraeus und Umicor schnell begonnen, Profit aus der neuen Goldgier der Deutschen zu schlagen: Die Ausgabeaufschläge sind enorm gestiegen. Für eine Unze des so stark gefragten Kruegerrand verlangen die Händler im Verkauf 7,6 Prozent mehr als im Ankauf. Vor der Finanzkrise waren es drei Prozent.

Veronika Csizi

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