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Edscha

© dpa

Finanzkrise: Autozulieferer fürchten den Herbst

Noch lassen sich die Arbeitsplätze trotz des Absatzeinbruchs halten. Aber wie lange reicht die Liquidität?

Die Kriseninstrumente wirken auch in Berlin: Mit Arbeitszeitkonten, Beschäftigungssicherungstarifvertrag und vor allem Kurzarbeit wurden bislang Entlassungen vermieden. Rund 3000 Personen beschäftigen die insgesamt acht größeren Autozulieferer. Und betriebsbedingte Kündigungen sind für die Stammkräfte nicht in Sicht. „Es gibt einen Beschäftigungsabbau bei Leiharbeitnehmern und befristeten Arbeitsverhältnissen“, sagt Klaus Abel von der Berliner IG Metall. Zu den größeren Firmen gehört der Getriebehersteller ZF in Waidmanslust mit rund 500 Mitarbeitern und Pierburg in Wedding (Vergaserteile) mit 300 Personen. „Die Kurzarbeit wird breit angenommen“, sagt Abel und befürchtet größere Einschläge erst in der zweiten Jahreshälfte, wenn sich der Automarkt und damit die Auftragslage der Hersteller und ihrer Lieferanten nicht stabilisiert.

Das gilt für das Bundesgebiet insgesamt und vor allem auch den Raum Stuttgart, wo es die meisten Zulieferer in Deutschland gibt. Das weltweit größte Unternehmen, Bosch, hat dort seinen Sitz. Von den 114 000 hierzulande arbeitenden Bosch-Beschäftigten sind inzwischen 15.000 in Kurzarbeit. Bei Daimler, dem größten Hersteller und damit auch größten Auftraggeber in Baden-Württemberg, arbeiten von März an gut 50 000 Mitarbeiter kurz. Das gilt auch für das Berliner Mercedes-Werk in Marienfelde, wo gut 3000 Personen Motoren bauen. Für Mercedes arbeiten in Deutschland in der Pkw-Produktion insgesamt 85.000 Beschäftigte.

Die prekäre Situation der Zulieferer infolge gravierender Auftragseinbrüche und finanzieller Engpässe war Anfang der Woche durch die Insolvenz von Edscha aus Remscheid erneut deutlich geworden. Betroffen sind bei dem Hersteller von Türscharnieren und Cabriodächern rund 4200 Mitarbeiter in Europa. Die Unternehmen Schaeffler und Continental bemühen sich noch immer bei der Politik um Bürgschaften. Alles in allem beschäftigen die 1300 Zuliefererfirmen in Deutschland rund 330.000 Personen. Dass es weitere Pleiten geben wird, ist unstrittig.

Wie verhalten sich die Banken?

„Die entscheidende Frage ist, wie lange die Liquidität reicht“, sagt Kai Bliesener von der Stuttgarter IG Metall. Und wie sich die Banken verhielten. Besonders problematisch sei dabei die Lage von Firmen, die in den vergangenen Jahren von Finanzinvestoren gekauft wurden und deren Eigenkapital von den Investoren reduziert wurde. Allerdings sei das in Baden-Württemberg weniger das Problem, da dort viele Firmen zu Stiftungen gehören (etwa Bosch und Mahle) oder nach wie vor in der Hand der Eigentümer seien. Bliesener spricht hier von „geduldigem Kapital“, das nicht zu kurzfristig renditeorientiert sei wie die Finanzinvestoren.

Im Zuge von Verlagerungsprozessen haben die Hersteller in den vergangenen 20 Jahren immer mehr Wertschöpfung an ihre Lieferanten gegeben. Inzwischen entsteht rund ein Viertel eines Autos nicht bei Mercedes, BMW oder Audi, sondern bei den Lieferanten. Weil die Verflechtungen so eng sind, bemühen sich die Hersteller hier und da um Hilfe für Not leidende Lieferanten. Nach Angaben des Verbandes der Autoindustrie sind Millionen geflossen. Die fränkische Firma Leoni braucht noch keine Hilfe – auch wenn der Hersteller von Bordnetzen am Mittwoch einen Gewinnrückgang für 2008 um mehr als 50 Prozent bekanntgab.

Tschechien hat ein gemeinsames Konzept zur Unterstützung der Autoindustrie gefordert. Die EU-Kommission möge einen europaweiten Plan zur Erneuerung der Autoflotte vorlegen, sagte der Europaminister Alexandr Vondra im Europaparlament in Straßburg. Sein Land hat derzeit den EU-Ratsvorsitz. „Wir glauben, das ist der einzige Weg, eine Störung des Marktes zu verhindern.“ mit dpa

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