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Finanzkrise: Hoffnung für Lehman-Anleger

Mehr als 25.000 Menschen in Deutschland haben ihre Ersparnisse in Wertpapiere der US-Investmentbank Lehman gesteckt. Wer Anleihen gekauft hat, könnte Geld aus der Insolvenzmasse bekommen

Berlin - Anleger, die für ihre wertlosen Lehman-Zertifikate eine Entschädigung von ihrer Bank haben wollen, gehen leer aus. Die Institute lehnen Vergleiche bislang ab. „Erst wenn immer mehr Klagen vor den Gerichten Erfolg haben, werden sich die Banken auf Vergleiche einlassen“, sagte der Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marco Cabras, dem Tagesspiegel. Während die Inhaber von Zertifikaten Absagen kassieren, scheint es für die Besitzer von Lehman-Anleihen (siehe Kasten) Hoffnung zu geben, wenigstens einen Teil ihres Geldes aus der Insolvenzmasse zurückzuholen.

Mehr als 25 000 Menschen in Deutschland haben ihre Ersparnisse in Wertpapiere der US-Investmentbank Lehman gesteckt. Die Bank ging im vergangenen September als Folge der Finanzkrise pleite. Lehman-Zertifikate und -Anleihen sind nicht von der deutschen Einlagensicherung geschützt. Der Einlagensicherungsfonds entschädigt nur Kunden, die Geld auf Spar- und Girokonten bei der deutschen Lehman-Tochter eingezahlt haben. Dazu zählen etwa die Deutsche Rentenversicherung oder die Barmer Ersatzkasse.

Nach Informationen der DSW können zumindest Inhaber von Lehman-Anleihen hoffen. „Es gibt Gerüchte, dass Anleger einen Teil ihres Verlustes aus der Insolvenzmasse ersetzt bekommen“, sagte Sprecher Cabras. Ob das 20, 30 oder 50 Prozent sein werden, sei noch offen. Zudem könne es Jahre dauern, bis Geld fließt. Dennoch rät der Anlegerschützer davon ab, die Papiere jetzt voreilig zu verkaufen. Besitzer von Lehman-Anleihen bekommen derzeit Umtauschangebote von Finanzinstituten, die ihnen zehn Prozent für ihre Anleihen bieten. „Nur wer dringend Geld braucht, sollte das Angebot jetzt annehmen“, rät Cabras.

Bei Lehman-Anleihen haben zudem die Banken in Einzelfällen Entschädigungen gezahlt. So hat die Landesbank Berlin einem Kunden, der 17 000 Euro in eine Anleihe investiert hatte, drei Viertel des Schadens ersetzt. Ein Einzelfall, betont die Bank. „Die Berliner Sparkasse hat Lehman-Zertifikate nicht aktiv vertrieben“, sagt eine Sprecherin.

Andere waren dicker im Geschäft. Einige Sparkassen, die Citibank und die Dresdner Bank haben in großem Stil Lehman-Papiere verkauft, darunter auch viele Zertifikate. Viele Kunden verlangen jetzt von diesen Häusern eine Entschädigung. „Lehman-Zertifikate sind als sichere Geldanlage verkauft worden“, berichtet der Frankfurter Anwalt Matthias Schröder. Er vertritt rund 300 Geschädigte, darunter einen 100-Jährigen, der knapp 30 000 Euro investiert hat. „Mein Mandant hätte auch mehr gekauft, wenn er nicht das restliche Geld fürs Heim gebraucht hätte“, betont der Anwalt.

Die Banken beteuern, dass sie die Kunden ernst nehmen. „Jeder Einzelfall wird untersucht“, sagt Martin Halusa, Sprecher der Dresdner Bank. „Da, wo wir Fehler unsererseits feststellen, finden wir mit dem Kunden eine individuelle Lösung“, versichert auch Citibank-Sprecher Ingo Stader. „Die Kunden werden mit Standardschreiben abgewimmelt“, sagt dagegen Anwalt Bernd Jochem. Er betreut in der Münchner Kanzlei Rotter rund 80 Lehman-Anleger. Vergleiche hat er bisher keine geschlossen, genauso wenig wie sein Kollege Schröder. Nun wird mit den Rechtsschutzversicherungen verhandelt, danach soll geklagt werden.

Wer nicht klagen will, kann sich zunächst an den Ombudsmann beim Bundesverband deutscher Banken wenden. 400 Anleger haben das bislang getan, sagte eine Verbandssprecherin. Bisher sind nur einzelne Fälle entschieden worden – zugunsten der Bank. Das Problem: Die Rechtsprechung ist uneinheitlich. Während das Amtsgericht Leipzig Anfang November die Citibank wegen eines Zertifikate-Verkaufs auf Schadenersatz verurteilte, ließ das Landgericht Frankfurt am Main nur wenige Tage später ein Rentnerehepaar abblitzen. Das Paar habe nicht beweisen können, beim Kauf der Papiere falsch beraten worden zu sein.

Mit prozessualen Tricks versuchen die Anlegeranwälte, die schwierige Beweislage zu verbessern. Zudem hoffen sie auf den Bundesgerichtshof. Der hat 2007 entschieden, dass die Banken ihre Kunden über verdeckte Rückvergütungen aufklären müssen. „Lehman hat den Instituten gut fünf Prozent Vertriebsprovision gezahlt, die Anleger wussten davon nichts“, sagt Schröder. Noch ein weiterer Hoffnungsschimmer. Heike Jahberg

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