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Finanzmarktkrise: Merkel sieht keine Anzeichen für Rezession

Die Talfahrt an den Aktienmärkten lässt auch die Bundesregierung nicht kalt. Die Kanzlerin persönlich versucht Befürchtungen über einen bevorstehenden Abschwung zu zerstreuen. Doch nicht alle Fachleute sind ähnlich zuversichtlich.

Angesichts der weltweiten Kurseinbrüche an den Börsen hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in die Debatte um einen bevorstehenden Wirtschaftsabschwung eingeschaltet. "Es gibt keine Anzeichen für eine Rezession in Deutschland. Das muss man ganz deutlich sagen", betonte Merkel heute im NDR Inforadio.

Merkel begründete ihre Einschätzung damit, dass die deutsche Wirtschaft nicht mehr so stark abhängig von der Entwicklung in den USA sei. Die europäische Volkswirtschaft habe ein hohes Maß an Eigenständigkeit. "Europa ist eine Stabilitätsanker", fügte sie hinzu.

"Keine vorschnellen Reaktionen"

Kleinanleger und Verbraucher rief die Kanzlerin auf, Ruhe zu bewahren. "Die Bürger sollen jetzt auf gar keinen Fall in vorschnelle Reaktionen ausbrechen." Dennoch räumte Merkel ein, dass die Krise nicht spurlos an der deutschen Wirtschaft vorbeigehe. Sie verwies darauf, dass das Wirtschaftswachstum vor zwei Jahren bei 2,9 Prozent gelegen habe und für dieses Jahr auf 1,7 Prozent prognostiziert werde.

Aus der Entwicklung an den Börsen ziehe sie für die Bundesregierung die Lehre, "dass wir absolut Kurs halten müssen". Die Zeit der Reformen könne nicht vorbei sein, es müsse um jeden Arbeitsplatz gekämpft werden. Die solide Haushaltsführung müsse fortgesetzt und die Erbschaftssteuer verabschiedet werden.

Der Deutsche Aktienindex war am Montag um mehr als sieben Prozent eingebrochen. Auf dem Frankfurter Börsenparkett sprachen Händler teilweise von einem "Schwarzen Montag" in Anlehnung an den Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929. Bis heute Mittag reduzierte der Dax anfängliche Verluste von mehr als fünf auf unter ein Prozent. Als Grund nannten Händler Spekulationen über eine mögliche Senkung der US-Leitzinsen durch die dortige Notenbank Fed.

Volkswirte uneins

Dennoch rechnet der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Jürgen Stark, damit, dass die Korrektur an den Aktienmärkten noch nicht vorbei ist. Ein Großteil der Hypotheken in den USA werde in diesem Jahr fällig und neu zu finanzieren sein. "Dieser Prozess wird noch eine Weile dauern", sagte Stark am Dienstag im Deutschlandfunk.

Negative Auswirkungen auf die Konjunktur in Deutschland und der Euro-Zone befürchtet er nicht. Die Ertragslage der Unternehmen sei günstig, die privaten Haushalte stünden gut da. Zudem werde die Beschäftigung weiter zunehmen, was zu mehr privatem Verbrauch führe. Zinssenkungen schloss Stark wie zuletzt EZB-Präsident Jean-Claude Trichet aus.

Weniger optimistisch bewertet Kai Carstensen, Konjunkturchef des Münchener Ifo-Instituts die Lage. Eine weitere Abkühlung der US-Wirtschaft werde weitreichende Folgen für Europa haben, sagte er dem Tagesspiegel. "Dann werden die Schockwellen des Erdbebens in Deutschland zu spüren sein." (sf/dpa/AFP)

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