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Großbanken: Die Deutsche Bank hat sich verzockt

Der Marktführer meldet einen Rekordverlust von 3,9 Milliarden Euro. Die Postbank-Übernahme klappt trotzdem.

Frankfurt am Main - In einer komplexen Transaktion beteiligt sich der Bund indirekt an der Deutschen Bank, die am Mittwoch einen Rekordverlust meldete und damit die Börsen schockte. Direkte staatliche Hilfen lehnt der Vorstandschef Josef Ackermann für den Marktführer weiter ab. „Die Deutsche Bank braucht kein Geld vom Staat, und sie wird den Staat auch in Zukunft nicht um Hilfe fragen“, sagte er in einer Telefonkonferenz. Am zweitgrößten Institut, der Commerzbank, ist der Bund inzwischen mit gut 25 Prozent direkt beteiligt.

Die Deutsche Bank hat allein im Schlussquartal des alten Jahres nach vorläufigen Zahlen einen Verlust von 4,8 Milliarden Euro angehäuft. Für das Gesamtjahr wird unterm Strich ein Minus von 3,9 Milliarden Euro ausgewiesen – der erste Verlust seit Neuformierung der Bank im Jahr 1957. „Wir sind sehr enttäuscht“, sagte Ackermann. Vor allem der eigene Handel mit Aktien und Kreditprodukten machte Probleme. Ein Jahr zuvor stand noch ein Rekordüberschuss von 6,5 Milliarden Euro in den Büchern. Der Aktienkurs brach am Mittwoch um 13 Prozent auf 21,11 Euro ein und erholte sich im Tagesverlauf auf 22,09 Euro. Händler zeigten sich entsetzt. „Dass die Deutsche Bank so schlecht abgeschlossen hat, ist schon beängstigend“, sagte Matthias Melms von der NordLB.

Noch schlimmer traf es das Papier der Postbank, die künftig zur Deutschen Bank gehört: Der Kurs rutschte um mehr als 19 Prozent auf 11,61 Euro ab und erholte sich ebenfalls kaum. Angesichts der roten Zahlen hatte die Deutsche Bank die Übernahme der Postbank neu verhandelt: Die Transaktion geht schneller über die Bühne, wird aber zum Teil mit Aktien finanziert, um weniger Kapital zu binden. Der Wert der Transaktion bleibt dennoch mit 4,9 Milliarden Euro weitgehend unverändert, obwohl der Börsenwert der Postbank nur noch gut 2,5 Milliarden Euro beträgt.

Die Deutsche Post, der die Postbank bisher gehörte, übernimmt 8,1 Prozent der Aktien der Deutschen Bank. „Wir haben nicht die Regierung gefragt und dort um Geld gebeten, wir haben der Post die Aktien angeboten“, sagte Ackermann. Damit sitzt dort der Bund mit am Tisch, denn er hält über die KfW-Gruppe knapp ein Drittel der Aktien der Post. Ackermann bezifferte dieses indirekte Engagement des Bundes auf 2,5 Prozent der Aktien seines Hauses. Trotzdem sieht die Politik keine Anzeichen für einen gewachsenen Einfluss des Staates auf die Bank. „Anders als die Commerzbank ist die Deutsche Bank nach wie vor weit weg von der Regierung“, sagte der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Otto Bernhardt, dem Tagesspiegel. Die Deutsche Bank habe nicht den Staat zur Hilfe gerufen.

Ähnlich äußerten sich auch die Finanzexperten von SPD und FDP. „Ich halte die Übernahme für sinnvoll, weil sie langfristig gute Perspektiven für die Deutsche Bank und den Finanzplatz Deutschland bietet“, sagte Jörg-Otto Spiller von der SPD. Hermann Otto Solms von der FDP sprach von einem geschickten Deal, der den Interessen beider Unternehmen entspreche. Der Bund werde „auch künftig keinen Einfluss“ auf die größte deutsche Bank nehmen. „Dass die Post, an der der Bund auch nur indirekt beteiligt ist, bei der Deutschen Bank Aktionär wird, ist eine reine privatwirtschaftliche Entscheidung“, sagte Solms dem Tagesspiegel.

Ohnehin will sich die Post bald wieder von den Aktien der Deutschen Bank trennen. Auch deshalb könne von einer Teilverstaatlichung keine Rede sein, sagte Post-Chef Frank Appel. Bei der Deutschen Bank geht man davon aus, dass die Post schon Mitte des Jahres nicht mehr zum Eigentümerkreis gehört. Nach Ackermanns Angaben kann die Post über die Hälfte der Aktien ab Ende April verfügen und die andere Hälfte ab Ende Juni verkaufen.

Hätte die Deutsche Bank den Postbank-Deal nicht neu verhandelt und in der ursprünglichen Form finanzieren müssen, wäre die Kapitaldecke erheblich geschrumpft. „Die Kernkapitalquote wäre nicht bei zehn Prozent geblieben, sondern um 0,6 Prozentpunkte gesunken“, sagte ein Insider dem Tagesspiegel. „Dann hätte die Bank eine Kapitalerhöhung nötig gehabt.“

Ackermann verbreitete trotz der roten Zahlen etwas Zuversicht. „Wir gehen mit neuem Vertrauen ins neue Jahr. Wir haben die Bank von Risiken befreit, so dass wir jetzt keine Verluste mehr aus problematischen Vermögenswerten oder Krediten erwarten.“ Die Deutsche Bank habe das Volumen problematischer Kredite und Finanzierungszusagen im vierten Quartal unter Inkaufnahme hoher Verluste von fast zwölf auf jetzt weniger als eine Milliarde Euro reduziert. Daneben seien Risiken bei gewerblichen Immobilienkrediten von 8,4 auf unter drei Milliarden Euro abgebaut worden.

Mitarbeit: Moritz Döbler, Hannes Heine, Henrik Mortsiefer

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