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Haushaltskonsolidierung: Ökonomen vermissen Glaubwürdigkeit in der Finanzpolitik

Führende Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland schlagen angesichts der ungünstigen finanzpolitischen Umstände Alarm und fürchten, der von Schwarz-Gelb eingeschlagene Reformkurs könnte scheitern.

Düsseldorf - „Das Konsolidierungskonzept der neuen Regierung lässt viele Fragen offen und gibt keine Orientierung für das Wann und Wie“, sagte der Direktor des arbeitgebernahen Instituts für Wirtschaftsforschung Köln (IW), Michael Hüther, am Montag dem „Handelsblatt“. „Das kostet Glaubwürdigkeit und schmälert die Wirkungen der Steuersenkungen.“

Kritik kommt auch vom Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, Kai Carstensen. „Würde nicht das Kapitel ,Konkrete Schritte zur Haushaltskonsolidierung nach Ende der Krise‘ fehlen, könnte ich dem wirtschaftspolitischen Teil des Koalitionsvertrags in weiten Teilen zustimmen.“ Verringerung der Steuerbelastung, Abmilderung der Zinsschranke, bessere Hinzuverdienstmöglichkeiten bei der Grundsicherung und Bürokratieabbau seien zwar die richtigen Schritte. „Doch wie soll das Defizit nach der Krise zurückgeführt werden?“

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, sieht gar durch die schwarz-gelben Pläne generell die Wachstumsaussichten für Deutschland skeptisch. „Mit dem Koalitionsvertrag und den geplanten dauerhaften Steuersenkungen verabschiedet sich die Regierung auch über diese Wahlperiode hinaus langfristig vom Ziel eines ausgeglichenen Staatshaushaltes“, sagte Zimmermann. „Dies wird das Wachstum gefährden, denn die hohe Neuverschuldung wird der privaten Wirtschaft den Spielraum für Investitionen rauben.“ Nach Überzeugung Zimmermanns wird diese Entwicklung langfristig zu einer Einschränkung öffentlicher Leistungen führen. „Das ist letztlich eine Umverteilung von unten nach oben“, kritisierte der Ökonom. Optimistischer zeigte sich dagegen der Chefvolkswirt der Dekabank, Ulrich Kater. Zusätzliches Wachstum werde bei der Haushaltskonsolidierung helfen. „Die entlastenden Maßnahmen des Koalitionsvertrages mögen hierbei helfen.“ Kater gab aber zugleich zu bedenken, dass „wesentlich“ für einen Aufschwung in Deutschland die weltwirtschaftliche Dynamik sein werde. „Für einen ausgeglichenen Haushalt in absehbarer Zeit wird dies alles allerdings kaum ausreichen“, ist sich der Ökonom sicher.

IW-Chef Hüther plädierte für gezielte Interventionen. „Zum einen muss die Ausgabenseite und explizit auch der Sozialhaushalt durchforstet werden, so dass ab 2011 deutliche Einsparungen möglich sind“, forderte der Ökonom. Zum anderen müssten Wachstumsimpulse gesetzt werden. Drängend seien hier steuerliche Maßnahmen, die bei den Unternehmen ansetzen. „Dafür ist bisher zu wenig vorgesehen, während die Entlastung der Familien zu groß ausfällt und eigentlich derzeit ohnehin nicht dringlich ist.“ Dieses Geld fehle nun für eine allgemeine steuerliche Förderung des Bereichs Forschung und Entwicklung.

Ifo-Konjunkturchef Carstensen wies auf die Einsparvorschläge im Herbstgutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute hin. In der Gesundheitspolitik seien fünf bis zehn Milliarden Euro zu erwirtschaften, in der Arbeitslosenversicherung drei Milliarden. HB

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