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Inflation: Juni noch teurer als Mai

Die hohen Preise für Energie haben im Juni für eine Inflationsrate von vermutlich mehr als drei Prozent gesorgt. Darauf deuten die Preisindizes aus mehreren Bundesländern hin.

Im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen stiegen die Preise im ablaufenden Monat um 3,0 Prozent, in Sachsen um 3,4 und in Hessen um 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie die Statistischen Landesämter am Donnerstag mitteilten. Im Mai hatte die Teuerungsrate im gesamten Bundesgebiet bei 3,0 Prozent gelegen. Fachleute rechnen sogar mit noch schneller steigenden Preisen in den kommenden Monaten.

Das Statistische Bundesamt wird an diesem Freitag eine erste bundesweite Schätzung abgeben, wenn weitere drei Länder ihre Daten veröffentlicht haben. Größter Preistreiber waren erneut die Energiepreise. Heizöl kostete etwa in Hessen 61,3 Prozent mehr als vor einem Jahr. Lebensmittel verteuerten sich um 8,7 Prozent. Für Diesel und Benzin mussten Autofahrer 16,4 Prozent mehr bezahlen. An vielen Tankstellen kostete ein Liter Sprit zeitweise mehr als 1,55 Euro und damit so viel wie noch nie. Grund ist der hohe Ölpreis, der sich seit Wochen nahe dem Rekord von 140 Dollar je Fass bewegt. Die hohe Inflation dämpft die Kaufkraft der Verbraucher. Im ersten Quartal stiegen die Preise bereits schneller als die Löhne.

In allen drei Bundesländern verteuerte sich zudem die Milch. Grund sind vermutlich die Preiserhöhungen einzelner Supermarktketten als Reaktion auf den Streik der Milchbauern Anfang des Monats.

Auch die Einfuhr von ausländischen Produkten nach Deutschland verteuerte sich deutlich: Sie kosteten nach Angaben des Statistikamtes im Mai 7,9 Prozent mehr als ein Jahr zuvor – das ist das höchste Plus seit acht Jahren. Auch hier sticht die Energie heraus: Rohöl wurde um 56,8 Prozent teurer, Erdgas kostete 36,2 Prozent mehr als vor einem Jahr.

Derweil sagt das Ölförderkartell Opec für die kommenden Wochen neue Spitzenpreise voraus. Im Sommer dürfte ein Fass zwischen 150 und 170 Dollar kosten, sagte Opec-Präsident Chakib Chelil dem französischen Fernsehsender „France 24“. Einen Anstieg auf 200 Dollar halte er für unwahrscheinlich. Erst gegen Jahresende rechnet er wieder mit sinkenden Ölpreisen. Ein Barrel (159 Liter) Leichtöl kostete im elektronischen Handel der New Yorker Börse 135,66 Dollar, gut einen Dollar mehr als am Vortag.

Die Bank Unicredit hält dagegen 200 Dollar pro Fass nicht für „Utopie“, wie es in einer Studie heißt. Dies sei angesichts der aktuellen Trends bereits binnen Jahresfrist möglich. Die Inflation im Euro-Raum würde diese auf bis zu 4,3 Prozent treiben.

Auch andere Euro-Länder verzeichnen rasant steigende Preise. Belgien etwa lag im Juni bei 5,8 Prozent. In der gesamten Währungsunion dürften die Preise in den kommenden Wochen noch stärker steigen als zuletzt – damit rechnet der Bundesverband deutscher Banken. „Die Teuerung im Euro-Raum könnte im Juli und August sogar auf vier Prozent steigen“, heißt es im Konjunkturbericht des Verbandes für den Juni. Zuletzt hatte die Marke bei 3,7 Prozent gelegen. Kurzfristig sei „keine nachhaltige Entspannung zu erwarten“.

Um dem Preisanstieg einzudämmen, wird die Europäische Zentralbank am kommenden Donnerstag mit großer Wahrscheinlichkeit die Leitzinsen anheben. Das hat ihre Führung in den vergangenen Tagen wiederholt signalisiert. Das Institut sieht stabile Preise auf mittlere Sicht nur bei Raten von etwa zwei Prozent gesichert. Derzeit liegt der wichtigste Leitzins bei 4,0 Prozent. Der Zinsschritt wäre die erste Veränderung der Geldpolitik seit 13 Monaten. Carsten Brönstrup

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