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Konjunkturexperten

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FINANZKRISE: Abwärts in Deutschland

Die Aussichten für die Wirtschaft trüben weiter sich ein: Wirtschaftsforscher sehen 2009 kaum noch Wachstum. Geht die Bankenkrise weiter, könnte es sogar noch schlimmer werden.

Berlin - Der Abschwung ist sicher. Das ist die Botschaft der führenden Wirtschaftsforscher, die am Dienstag ihre Gemeinschaftsdiagnose für Deutschland vorgelegt haben. 2009 wird nach Ansicht der Forscher ein schweres Jahr. Wie stark der Abschwung ausfalle, hänge maßgeblich davon ab, ob sich der Bankensektor stabilisieren lasse. Sollte dies nicht gelingen, drohe „eine ausgeprägte Rezession“, wie nach den Ölpreisschocks in den 70er und 80er Jahren, sagte Udo Ludwig, Konjunkturchef des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Bis Ende 2009 würde die Arbeitslosenzahl um 400 000 ansteigen.

Die Gefahr, dass dieses „Risikoszenario“ eintrete, habe sich durch die internationalen Rettungsaktionen zu Wochenbeginn jedoch reduziert, meinen die Forscher. Die Wahrscheinlichkeit liege bei einem Drittel, sagte Ludwig. „Hätten Sie uns vor einer Woche gefragt, hätten wir noch etwas anderes gesagt.“ Die Institute lobten das von der Bundesregierung angekündigte Rettungspaket über 480 Milliarden Euro. Es sei ein Schritt in die Richtung, die auch die Forscher in ihrem Gutachten vorschlügen, sagte Ludwig.

Zweimal jährlich erstellen die Institute eine Gemeinschaftsdiagnose zur Lage der Wirtschaft im Auftrag von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU). Daran sind vier Konsortien aus insgesamt acht Instituten beteiligt. Federführend sind das Münchner Ifo-Institut, das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel, das IWH in Halle sowie das Rhein-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen.

Die Ökonomen rechnen damit, dass es in den kommenden Monaten zu einer Stabilisierung des Bankensektors kommt. Dennoch werde sich der Abschwung der Weltwirtschaft fortsetzen, heißt es im Herbstgutachten der Forscher. Dazu trage nicht nur die Finanzkrise bei, auch andere Faktoren wie der weltweite Inflationsschub bei Rohstoffen und die Probleme an den Immobilienmärkten trübten die Aussichten. In einer Reihe von Industrieländern drohe die Wirtschaft in eine Rezession abzurutschen. Dies gelte nicht nur für die USA und Japan, sondern auch für Westeuropa. Erst ab Mitte 2009 werde sich die Weltwirtschaft allmählich erholen.

„Deutschland ist von der internationalen Konjunkturschwäche in besonderem Maße betroffen, weil vor allem die Nachfrage nach Investitionsgütern zurückgeht, die im deutschen Exportsortiment eine überragende Rolle spielen“, sagte Ludwig. Es gibt jedoch auch Pluspunkte für Deutschland: „Wir stehen günstiger da, weil wir keine Immobilienkrise haben wie in Großbritannien, Irland oder Spanien“, sagte Joachim Scheide vom Kieler IfW. Zudem sei die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.

Das sehen auch Vertreter der Wirtschaft so: „Die Unternehmen sind gut aufgestellt und gehen gestärkt in diesen Abschwung“, sagte Jürgen Thumann, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Auch Außenhandelspräsident Anton Börner gab sich optimistisch. „Das Herbstgutachten unterstreicht, dass es für übertriebenen Pessimismus derzeit keinen Anlass gibt“, sagte er. „ Dank des raschen und umfänglichen politischen Handelns zur Stabilisierung der Finanzmärkte dürfte sich der Schaden für die Realwirtschaft in Grenzen halten.“

Wirtschaftsminister Glos sagte, „die Belastungen aus dem globalen Umfeld sind erheblich und werden auch die deutsche Wirtschaft nicht unbeeindruckt lassen“. Glos wird am Donnerstag seine Prognose für 2009 vorstellen. Wie das „Handelsblatt“ berichtet, erwartet die Regierung nur noch ein Wachstum zwischen null und 0,2 Prozent.

Stefan Kaiser

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