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Finanzkrise: Goldman Sachs: Kleiner Rekord

Um einer Anklage wegen Betrugs zu entgehen, hat sich Goldman Sachs mit der US-Börsenaufsicht auf einen Vergleich geeinigt. Die Bank zahlt 550 Millionen Dollar Strafe und überprüft ihre Geschäftspraktiken. Sind das nur "Peanuts" oder werden nun endlich lehren aus der Finanzkrise gezogen?

Die Summe an sich, 550 Millionen Dollar, ist ein Rekord. So viel musste noch kein Verursacher der Finanzkrise zahlen. Analysten hatten allerdings noch mit deutlich mehr gerechnet, von bis zu einer Milliarde Dollar waren sie ausgegangen.

Aber es geht vor allem um ein Zeichen, das die US-Börsenaufsicht SEC setzen will. Die Vereinbarung sei eine Mahnung an die Wall Street, dass „kein Produkt zu komplex und kein Investor zu raffiniert“ sei, um einer Bestrafung zu entgehen, wenn eine Firma die grundlegenden Prinzipien der ehrlichen Behandlung verletzte, sagte der Chefermittler der Aufsichtsbehörde Robert Khuzami. Zahlen muss Goldman Sachs, weil die US-Investmentbank ihren Kunden wichtige Details eines Geschäfts verschwiegen hat.

Und Khuzami ist stolz auf seinen Deal. „Goldman Sachs ist bezwungen“, sagte er im US-Fernsehen. Mit dem Vergleich von Donnerstagabend endete eine monatelange Hatz, die die Finanzwelt Branchenkennern zufolge mehr verändern dürfte als die von US- Präsident Barack Obama erkämpfte Finanzmarktreform.

Es scheint, als habe Khuzami das alles von Anfang an genau geplant. Der ehemalige Terroristenjäger sammelte mit seinem Team belastendes Material, konfrontierte Goldman Sachs öffentlich mit den fragwürdigen Geschäften, hielt das Thema monatelang am Kochen und drängte das mächtige Wall-Street- Haus am Ende so weit in die Ecke, dass die Banker sogar einräumten, einen Fehler begangen zu haben.

„Wir haben alle unsere Ziele erreicht“, sagte Khuzami. Er hat den Bankern vor Augen geführt, dass auch sie für ihre Verfehlungen belangt werden können. Und das ist für sie eine neue Erfahrung, nachdem die Aufarbeitung der Finanzkrise bislang äußerst lasch verlief. Zwar gab es reihenweise öffentliche Tribunale, Spitzenbanker wurden von Politikern in die Mangel genommen, aber Konsequenzen hatte das keine. Selbst der ehemalige Chef der zusammengebrochenen Investmentbank Lehman Brothers, Richard Fuld, muss sich keine finanziellen Sorgen machen.

Goldman Sachs verpflichtete sich jetzt öffentlich, sein Geschäftsgebaren zu ändern. Khuzami riet allen anderen Banken, es der Wall-Street-Größe gleichzutun, „um diese Art von Fehlverhalten zu vermeiden“. Die Börsenaufsicht hatte Goldman Sachs vorgeworfen, Investoren beim Verkauf von US-Hypothekenpapieren hinters Licht geführt zu haben, indem sie ihnen die Rolle eines großen Hedgefonds verheimlichte, der auf das Scheitern dieser Papiere wettete. Investoren setzten dagegen auf steigende Immobilienmärkte und verspekulierten sich mit verheerenden Folgen. Zu den Investoren zählte auch die deutsche Mittelstandsbank IKB. Das Düsseldorfer Institut konnte im Juli 2007 nur mit milliardenschweren Hilfen unter anderem von der staatlichen KfW-Bankengruppe vor der Pleite bewahrt werden. Jetzt könnte die IKB und damit auch die KfW bis zu 150 Millionen Dollar von den Goldman- Sachs-Strafzahlungen erhalten.

Banker in den USA hielten von dem Verfahren nicht viel. Sie hielten es für politisch motiviert. Denn die SEC veröffentlichte ihre Klage Mitte April, nur wenige Tage bevor Goldman seine Zwischenbilanz vorlegte – die glänzenden Zahlen des ersten Quartals gingen in der Aufregung entsprechend unter. Und die Klage kam zu einer Zeit heraus, als Obama dringend Rückendeckung für seine Reform brauchte.

Khuzami suchte sich für sein Exempel das Wall-Street-Institut aus, das für seine Rücksichtslosigkeit gefürchtet und für seine Genialität beim Geldmachen bewundert wird: Goldman Sachs, eine der wenigen Banken, die in der Finanzkrise gut bestehen konnten. Der monatelange Streit mit zahlreichen Negativschlagzeilen und öffentlichen Demütigungen zermürbte selbst die hartgesottene Bankführung.

Ein Sieg für Khuzami und die US-Börsenaufsicht ist es am Ende aber nicht. Einige Finanzexperten sprachen sogar von einem Sieg für Goldman: Niemand aus der Führungsriege musste gehen, von Betrug ist keine Rede mehr und die SEC stellt alle weiteren Untersuchungen ein. Die Strafzahlung von 550 Millionen Dollar, so hoch sie auf den ersten Blick scheinen mag, ist für die Bank ein Klacks.

„Es ist die höchste Strafe in der Geschichte der SEC“, brüstete sich zwar Chefermittler Khuzami. Doch Goldman Sachs bräuchte gemessen am Gewinn des ersten Quartals von 3,3 Milliarden Dollar gerade mal 15 Tage, um das Geld zu verdienen. „Wir glauben, dass dieser Vergleich der richtige Ausgang für unsere Firma ist, für unsere Anteilseigner und Kunden“, urteilte die Bank selbst.

Khuzami aber wird nicht lockerlassen. Er droht: „Wir schauen uns die Geschäfte einer ganzen Reihe von Instituten an. Und das wird weitergehen.“ Tsp/dpa

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