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Finanzkrise in Deutschland: Wer ist der Nächste?

Der erste Dax-Konzern ist ins Wanken geraten aber Bund und Banken haben die Hypo Real Estate zunächst einmal gerettet. Doch Nach dem beinahe-Kollaps des Immobilenfinanzierers steht auch das deutsche Bankensystem auf dem Prüfstand

Berlin - Nach dem Beinahe-Kollaps des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) befürchten Märkte und Experten eine Ausweitung der Bankenkrise in Europa und die Pleite weiterer Institute. „Mit jedem Schlag rücken die Banken näher an den Abgrund, und ab und zu fällt eine rüber“, sagte Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft an der Universität Hohenheim, am Montag dem Tagesspiegel. Auch Deutschland brauche ein Rettungspaket in dreistelliger Milliardenhöhe für die hiesigen Banken, forderte Burghof. Erst vergangene Woche hatten Regierung, Bundesbank und die Finanzaufsicht Bafin betont, das deutsche Bankensystem sei robust.

Am Montag standen an der Börse neben den Aktien der HRE aber auch die Papiere der Commerzbank unter Druck, sie verloren 24 Prozent. Deren Tochter Eurohypo, der größte deutsche Hypothekenfinanzierer, hat ein ähnliches Geschäftsmodell wie die angeschlagene HRE-Sparte Depfa, die die Probleme des Dax-Konzerns ausgelöst hat. Zur Eurohypo kam kürzlich noch der Staatsfinanzierer Essen Hyp. Die Eurohypo erklärte aber, sie habe keine Probleme. „Wir haben eine sehr konservative Politik verfolgt und von uns ausgereichte langfristige Anleihen nicht mit kurzfristigen Krediten refinanziert“, sagte eine Sprecherin. Auch der Wiesbadener Immobilenfinanzierer Aareal Bank, der am Montag 43 Prozent seines Wertes verlor, bemühte sich um Beruhigung. Man sei sehr solide refinanziert und habe eine komfortable Kapitalausstattung, sagte ein Sprecher.

In Regierungskreisen hieß es, womöglich gerieten noch weitere Banken in Schieflage. „Wir können nicht ausschließen, dass es weitere Ereignisse gibt, die der Reaktion bedürfen“, sagte ein Insider. „Wir kennen sie nur noch nicht.“ Unter verschärfter Beobachtung stünden die Landesbanken WestLB und die BayernLB.

In der Nacht zum Montag hatten sich führende Vertreter der Finanzbranche auf die Rettung der HRE verständigt. Sie gewähren der HRE Kredite in Milliardenhöhe. Gesichert wird diese durch eine Bürgschaft über 35 Milliarden Euro – 26,6 Milliarden davon trägt der Staat ab, 8,5 Milliarden die Banken.

Bereits seit vergangenem Donnerstag liefen die Verhandlungen über die HRE-Rettung, beteiligt waren Bankchefs, die Bundesbank, die Bafin und das Bundesfinanzministerium. Das Ziel der Banken war, die HRE zu verstaatlichen. Finanzminister Steinbrück wies das aber zurück.

Die HRE stand seit der Pleite der US-Bank Lehman Brothers vor massiven Problemen. Ihre Tochterfirma Depfa, die im Hypothekengeschäft tätig ist, hatte seither Probleme mit der Refinanzierung. Die Banken misstrauen derzeit einander und leihen sich nahezu kein Geld mehr.

Anders als Großbanken konnte die HRE ihre Liquiditätsprobleme nicht über Kundeneinlagen ausgleichen, weil sie kein Privatkundengeschäft betreibt. Überraschend war, dass ausgerechnet die Tochter Depfa die HRE vor die Pleite brachte. Die Depfa verdient ihr Geld mit der Finanzierung öffentlicher Haushalte und mit Infrastrukturprojekten – ein Geschäft, das als solide, aber nur begrenzt rentabel gilt. Insider sprachen am Montag von „Fehlern im Management“. Die Depfa habe sich bei der sogenannten Fristentransformation, bei der lang laufende Kredite durch kurzfristige Einlagen refinanziert werden, „total vergaloppiert“.

Die Havarie hat für die HRE nun ernste Folgen. Informierten Kreisen zufolge verlangen die beteiligten Banken eine Abwicklung des Konzerns. Die HRE soll ihre Vermögenswerte von mehr als 40 Milliarden Euro in eine Zweckgesellschaft einbringen. Von dort aus könnten die Einzelteile dann weiterverkauft werden.

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