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Wirtschaft: Firmen zahlen weniger Steuern als erhofft

Körperschaftsteuer bleibt bis Juli um eine Milliarde Euro unter Plan – trotz der hohen Konzerngewinne

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Berlin - Die Unternehmen in Deutschland haben zwischen Januar und Juli rund eine Milliarde Euro weniger Körperschaftsteuer an den Staat gezahlt als eigentlich geplant. Das sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums am Dienstag dem Tagesspiegel. Die Regierung und Steuerfachleute zeigten sich allerdings davon überzeugt, dass bis zum Ende des Jahres angesichts der guten Geschäftslage vieler großer Unternehmen wieder mehr Geld in die Staatskasse kommen werde und die Annahmen der Steuerschätzer nicht nach unten korrigiert werden müssten.

Bis Ende Juli flossen 6,94 Milliarden Euro aus der Körperschaftsteuer an den Fiskus. Gegenüber den ersten sieben Monaten des vergangenen Jahres war dies ein Plus von zehn Prozent. Die Steigerung hätte aber noch höher ausfallen sollen, hatten die Steuerschätzer im Mai geschätzt. Das Gremium besteht aus Finanzexperten des Bundes und der Länder sowie aus Wissenschaftlern und trifft zweimal im Jahr Prognosen über die Einnahmen des Staates. In den vergangenen Jahren hatte die Körperschaftsteuer, die nur von Aktiengesellschaften und GmbHs gezahlt wird, im Blickpunkt gestanden – 2001 lag das Aufkommen wegen Steuerrechtsänderungen und der Wirtschaftsflaute nur bei knapp 360 Millionen Euro, seither steigt das Aufkommen wieder.

Für das gesamte Jahr 2005 hatten die Steuerschätzer im Mai auf 16,58 Milliarden Euro Einnahmen aus der Körperschaftsteuer gehofft, das wäre ein Plus von 26,3 Prozent. „Die Chancen stehen gut, dass wir diese Summe noch erreichen“, sagte ein Sprecher von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD). Die Körperschaftsteuer werde viermal pro Jahr veranlagt – in den Monaten März, Juni, September und Dezember. Der Juli sei dagegen traditionell ein Monat mit schwachem Aufkommen. „Die gute Geschäftslage vieler großer Unternehmen macht uns optimistisch, dass sich die Einnahmesituation noch verbessert“, sagte er.

Auch Wissenschaftler finden, dass die Finanzprognose für den Staat noch zu halten ist. „Im zweiten Quartal hat das Bruttoinlandsprodukt stagniert, das schlägt sich auch in den Steuerzahlungen nieder“, sagte Winfried Fuest, Steuerexperte beim arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Die Firmen hätten die Flaute genutzt, um Verluste zu realisieren und sich umzustrukturieren, vermutete er. „Außerdem dürften sie versucht haben, so weit wie möglich Abschreibungsmöglichkeiten zu nutzen – denn man weiß ja nicht, ob es nach der Wahl hier Einschränkungen zu Lasten der Wirtschaft geben wird“, sagte Fuest. Bis zum Jahresende dürften die Einnahmen wieder deutlich stärker fließen. „Das läuft mit Sicherheit noch nach“, befand er. Darauf ließen alle Prognosen über die Konjunktur im zweiten Halbjahr schließen. Noch besser als die Körperschaft- dürfte sich indes die Gewerbesteuer entwickeln, die allein den Kommunen zufließt, erwartet der IW-Experte.

Das wird aber nicht reichen, um das Defizit des Staates auf drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zu drücken, befürchtet Steuerschätzer Heinz Gebhardt vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen. Diese Grenze setzt der Stabilitätspakt der Europäischen Union, den Deutschland allerdings in den vergangenen Jahren verletzt hat. „Die neue Regierung müsste schon sehr ehrgeizige Maßnahmen verabschieden, um bald in die Nähe dieser Marke zu kommen“, sagte er. Prognosen zufolge wird das Defizit bei 3,6 Prozent des BIP liegen.

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