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„Gute Arbeit, gutes Leben“ – dieser Slogan der Gewerkschaften zielt auch auf ein glückliches Miteinander von Job und Familie. Foto: dpa

© picture-alliance/ dpa

Familie und Beruf: Flexibel arbeiten fürs Kind

Die Arbeitszeit ist die entscheidende Größe bei der besseren Vereinbarkeit von Arbeit und Familien. Doch die von Familienministerin Schwesig vorgeschlagene 32-Stunden-Woche stößt in der Wirtschaft auf wenig Begeisterung. Das Modell könne zu weiteren Belastungen für Firmen führen.

Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht. Das meint jedenfalls Alexander Schirp von der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin-Brandenburg (UVB), wenn er auf die 32-Stunden-Woche angesprochen wird, die sich die neue Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) für berufstätige Mütter und Väter ausgedacht hat. „Man sollte die Beschäftigung von Eltern nicht so unattraktiv machen, dass die Firmen Eltern überhaupt nicht mehr einstellen.“ Immerhin räumt Schirp Handlungsbedarf ein, weshalb auch die UVB den Landeswettbewerb „Unternehmen und Familien“ unterstützen. Der entscheidende Hebel, das sieht Schirp nicht anders als Schwesig, ist die Arbeitszeit.

Nach Angaben der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) bieten inzwischen 98 Prozent der Firmen flexible Arbeitszeitmodelle an. Weniger arbeiten, um sich ums Kind kümmern zu können – dazu hat sich die neue Regierung eine Weiterentwicklung des Elterngeldes vorgenommen. „Mit einem ,ElterngeldPlus’ wollen wir Eltern für die Dauer von bis zu 28 Monaten die bestmögliche Inanspruchnahme des Elterngeldes in Kombination mit einer nicht geringfügigen Teilzeittätigkeit ermöglichen“, heißt es im Koalitionsvertrag. Das werde, so glaubt der Berliner Wirtschaftsmann Schirp, noch kompliziert genug und belaste die Firmen, die ja schließlich die Lücken der fehlenden Mütter und Väter zu schließen hätten.

Viele Unternehmen sind schon familienfreundlich

Nach Angaben der BDA macht inzwischen fast jedes Unternehmen seinen Beschäftigten Angebote, „um Familie und Beruf besser unter einen Hut zu bekommen“. Im „Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2013“ stellt das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft fest: „Im Vordergrund der personalpolitischen Aktivitäten stehen flexible Arbeitszeitmodelle und Teilzeitbeschäftigung, die Rücksichtnahme auf berufstätige Eltern bei der Planung der Arbeitsprozesse sowie die Unterstützung bei der Kinderbetreuung und Angehörigenpflege durch Freistellungen.“

Besonders weit bei der individuellen Arbeitszeitgestaltung geht der schwäbische Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf. Die Mitarbeiter dürfen innerhalb eines Korridors zwischen 15 und 40 Wochenstunden selbst über ihre Arbeitszeit entscheiden. Bis zu 1000 Stunden Arbeit können auf einem individuellen Konto „eingezahlt“ und bei Bedarf wieder aufgelöst werden, wenn die Zeit gebraucht wird, zum Beispiel für Erziehung, Pflege oder Weiterbildung.

Ein Konto für die Freizeit

Arbeitszeitkonten sind in der Industrie weit verbreitet und dienen in der Regel dazu, Auftragsschwankungen abzufedern. Zeitwertkonten wie bei Trumpf gibt es kaum. Bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat man so ein Kontenmodell entwickelt: Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen ein paar Jahre ein, und das Guthaben kann dann für Freizeit genutzt werden. Die Post hat so ein Konto für den flexiblen Übergang in die Rente, ebenso die chemische Industrie. Doch richtig Schwung, vor allem auch im Hinblick auf Kinderzeiten, ist nicht zu merken. „Das ist bei den Tarifparteien noch nicht angekommen“, sagt Jörg Wiedemuth, Tarifexperte bei Verdi. Vielleicht deshalb, weil Tarifverträge meist von Männern für Männer verhandelt werden.

Aber es gibt ja auch Fortschritte. „Man merkt, dass das Thema bei den Männern langsam ankommt“, hat Adriane Nebel von der Berliner Handwerkskammer beobachtet. Im Handwerk gebe es männerdominierte (Klempner etwa oder Gerüstbauer) und frauendominierte Berufe (Friseurinnen und Kosmetikerinnen), doch auch in den Männerdomänen tue sich etwas, da auch hier Väter zunehmend im Rahmen der Elternzeit zu Hause blieben. „Der Fachkräftemangel bringt das Thema weiter voran“, sagt Nebel. Und auch die im Vergleich zur Industrie niedrige Bezahlung: Die Handwerksbetriebe müssten eben mit weichen Faktoren wie familienfreundlichen Arbeitszeiten für sich werben.

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