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Wirtschaft: Folgen einer Rettung - Schröders Aktion hat wenig geholfen (Kommentar)

Die Jahresschlussbilanz zu Holzmann wird am 30. Dezember gezogen, wenn die Aktionäre zu einer außerordentlichen Hauptversammlung zusammen kommen.

Die Jahresschlussbilanz zu Holzmann wird am 30. Dezember gezogen, wenn die Aktionäre zu einer außerordentlichen Hauptversammlung zusammen kommen. Die aktuelle Stunde des Deutschen Bundestages am Mittwoch zeigt indessen, dass eine Zwischenbilanz jetzt schon möglich ist: Denn Holzmann ist nicht nur ein Paradefall für die Schwächen des "Modells Deutschland" und seiner verqueren Unternehmensverfassung. Aus Holzmann lassen sich zugleich Schlussfolgerungen ziehen für das Verhältnis von Politik und Wirtschaft. Die Erkenntnis lautet nicht simpel, der Staat solle sich zurückhalten. Genauer muss es heißen: Direkter Eingriff ist schädlich, aber für eine intelligente Neugestaltung der Rahmenbedingungen können wir gar nicht genug Staat haben.

Erstens: Wo der Staat als interventionistischer Retter von Unternehmen und Arbeitsplätzen auftritt, rettet er zumeist die Falschen. Vorausschauendes Wissen über Erfolg und Misserfolg eines Unternehmens hat niemand. Das anmaßende Wissen des Bundeskanzlers, wonach Holzmann sanierbar sei, war ein politischer Eingriff in die Risikoabwägung privater Banken, wodurch unrentable Arbeitsplätze gesichert werden, aber zugleich das Entstehen neuer Arbeitsplätze verhindert wird. Zu Recht läuft die Branche Sturm gegen eine Rettungsaktion zu ihren Lasten. Zudem wird immer deutlicher, dass es mit der Rettung der Arbeitsplätze gar nicht so weit her ist. Wer - hypothetisch - dagegen rechnet, dass das neue Insolvenzverfahren nicht auf die Vernichtung, sondern auf den Erhalt profitabler Arbeitsplätze aus ist, den muss die Schrödersche Haupt- und Staatsaktion nur noch mehr irritieren.

Zweitens: Gut, dass es Brüssel gibt. Die Staaten der Europäischen Union haben sich darauf verständigt, dort, wo ein Mitgliedsstaat den Wettbewerb schwächt, ihn via Brüssel zur Raison zu rufen. Dass die Union dies auch ernst meint, hat ihr oberster Gerichtshof am Mittwoch am Fall der Beihilfen Sachsens für das VW-Werk in Mosel gerade wieder bewiesen. Wettbewerbskommissar Mario Monti wird den Amsterdamer Vertrag genau studieren, bevor er eine Ausnahme für Holzmann zulässt.

Drittens: Die Krise des deutschen Tarifsystems ist ernster als gedacht. Es muss möglich sein, dass Arbeitnehmer auf Zeit und Hoffnung sich darauf verständigen, Abstriche beim Lohn zur Sicherung ihrer Arbeit hinzunehmen. Der Konflikt zwischen Belegschaft und Gewerkschaft zeigt: Die betroffenen Arbeitnehmer wissen besser, was für sie günstig ist. Dass sie sich von klagenden Gewerkschaften oder Branchenverbänden bevormunden lassen können, ist verrückt. Dass diese Verbände nach geltender Auslegung auch Recht bekommen dürften, ist es erst recht. Es ist verständlich, dass die Branche sich über Wettbewerbsverzerrung durch den Lohnvorteil beklagt. Den Ausreißer zurückzuholen wäre aber die falsche Konsequenz. Die Ausnahme muss zur Regel werden. Die Arbeitsbedingungen und mit ihnen der Lohn müssen sich dem Markt öffnen, und der Kartellpreis des Flächentarifs gehört abgeschafft.

Viertens. Die Banken müssen sich von ihren Industriebeteiligungen rasch trennen. Dies muss ihnen der Staat durch eine Änderung der Rahmenbedingungen erleichtern. Je höher die Kapitalertragssteuern bei einer Veräußerung sind, um so geringer wird der Anreiz für die Banken und ihre Aktionäre sein, den alten Industriebesitz abzustoßen. Deswegen führt es in die falsche Richtung, dass die SPD jetzt eine höhere Besteuerung von Kapitalerträgen erwägt. Das behindert die Dynamik. Die Rettung von Phillip Holzmann ist ein konservativer Schritt wirtschaftspolitischer Beharrung.

Rainer Hank

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