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Wirtschaft: Freundlich, aber bestimmt

Linde übernimmt den Konkurrenten BOC – und wird sich wohl von der Gabelstapler-Sparte trennen

Frankfurt am Main - Der Linde-Konzern übernimmt für rund zwölf Milliarden Euro den britischen Konkurrenten BOC. Das gab Linde-Chef Wolfgang Reitzle am Montag in Frankfurt am Main bekannt. Damit steigt Linde zum weltgrößten Hersteller von Industriegasen auf. Gleichzeitig will sich der Wiesbadener Konzern offenbar von seiner Gabelstapler-Sparte trennen. „Wir wollen ein reines Gase-Unternehmen schaffen“, sagte Reitzle. Die Börse reagiert hoch erfreut auf die BOC-Übernahme: Die Linde-Aktie legte zeitweise über acht Prozent zu und notierte am Montagnachmittag bei 69,42 Euro.

BOC und Linde passen nach Ansicht von Reitzle „perfekt“ zusammen. Der fusionierte Konzern werde mittel- und langfristig Synergien realisieren, die weit über den Kosteneinsparungen liegen, die sich bis 2009 auf jährlich 250 Millionen Euro summieren sollen. Große Überschneidungen durch die Fusion sieht Reitzle nicht, so dass „ein Arbeitsplatzabbau kein Thema sein sollte“. Linde lässt sich die Übernahme von BOC insgesamt 12,4 Milliarden Euro kosten, dazu kommen Aufwendungen für Pensionsverpflichtungen und mögliche Kartellauflagen von 2,6 Milliarden Euro.

Linde hatte bereits im Januar ein Angebot für BOC mit 15 Pfund pro Aktie vorgelegt. Nachdem sich Management und Aktionäre des britischen Konkurrenten zunächst quer gestellt hatten, schaffte es Reitzle in den vergangenen Tagen, die Stimmung zu drehen. Allerdings musste er die Offerte auf 16 Pfund pro Aktie erhöhen. Das Geld für die teuerste Übernahme in der Geschichte des Wiesbadener Konzerns – vor fünf Jahren hatte Linde für rund 4,4 Milliarden Euro die schwedische AGA gekauft – beschafft sich Linde über Bankkredite. Dazu kommt eine Kapitalerhöhung von 1,4 bis 1,8 Milliarden Euro.

Die Zustimmung der Kartellbehörden erwartet Reitzle bis Ende Mai, im September soll BOC endgültig zu Linde gehören. Damit wird der Wiesbadener Konzern zum weltgrößten Hersteller von Industriegasen und überholt mit einem Umsatz von 11,9 Milliarden Euro auf diesem Gebiet die französische Air Liquide. Zusammen mit der Ingenieur- und Gabelstaplersparte erzielten Linde und BOC im vergangenen Jahr einen Umsatz von 16,3 Milliarden Euro und beschäftigten weltweit 72 200 Mitarbeiter. Durch die BOC-Übernahme wäre Linde künftig in über 70 Ländern vertreten.

Wenn die Zukunft Lindes allein im Industriegase-Geschäft liegt, wie Reitzle ankündigte, dann steht das Gabelstapler-Geschäft zur Disposition. Damit würde sich das Wiesbadener Unternehmen, das 1879 als „Gesellschaft für Lindes Eismaschinen“ gegründet wurde, endgültig von seinen Wurzeln verabschieden. Bereits vor zwei Jahren hatte Linde seine Kältetechnik-Sparte für 325 Millionen Euro an den amerikanischen Konzern Carrier verkauft.

Basis für die jetzt vereinbarte freundliche Übernahme von BOC ist nach Ansicht von Reitzle auch das hervorragende Ergebnis von Linde im vergangenen Jahr. Der Umsatz kletterte um 7,3 Prozent auf 9,5 Milliarden Euro, der Gewinn vor Steuern um knapp 22 Prozent auf 789 Millionen Euro und der Jahresüberschuss um 24 Prozent auf 501 Millionen Euro. Die Eigenkapitalrendite lag mit 12,5 Prozent deutlich über der Zielmarke von zehn Prozent. Die Dividende soll von 1,25 auf 1,40 Euro steigen.

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