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Derzeit verdienen einige Friseure nur rund drei Euro pro Stunde. Ab 2015 soll nun ein Mindestlohn von 8,50 Euro gelten.

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Update

Einigung mit Friseur-Verband: Friseure bekommen ab August 2015 Mindestlohn von 8,50 Euro

Die Friseure haben sich in Würzburg mit der Gewerkschaft überraschend schnell auf einen bundesweiten Mindestlohn geeinigt. Drei Jahre hat die Branche nun Zeit, sich umzustellen. Und auch die Kunden werden sich an andere Preise gewöhnen müssen.

Karen Leicht wusste schon als Kind, dass sie Friseurin werden möchte. Und obwohl ihr als Teenager bewusst wurde, dass sie damit nicht viel Geld verdienen wird, blieb es bei ihrem Wunsch. Heute ist sie im dritten Lehrjahr. „Es stimmt schon. Am Ende des Monats bleibt nicht viel Geld übrig. Aber ich habe die Entscheidung nicht bereut“, sagt die 19-Jährige mit den blonden Haaren. Sie bekommt ein Ausbildungsgehalt von etwa 420 Euro netto. Am Montag hat sich die Branche in Würzburg überraschend schnell auf einen bundesweit einheitlichen Mindestlohn geeinigt. Damit soll es ab Sommer 2015 einen Stundenlohn von mindestens 8,50 Euro geben.

Während diese Untergrenze für die Friseure im Westen in vielen Fällen nur eine minimale Erhöhung des bisherigen Gehalts bedeutet, ist es für ihre Kollegen im Osten ein Riesensprung.

Verdi-Verhandlungsführerin Ute Kittel erklärt, dass dort derzeit noch immer Ecklöhne von unter vier Euro gezahlt würden. „Die sind dann zwar rechtlich auf der richtigen Seite, aber moralisch nicht.“ Die Verhandlungspartner hatten damit die Aufgabe, dort die Gehälter um bis zu 150 Prozent anzuheben. „Insofern ist diese Einigung ein Riesenschritt“, so Kittel über die Verhandlungen. Dass sie so schnell zum Erfolg führen würden - schon in der ersten Verhandlungsrunde - kam am Montag überraschend.

Zunächst sind die Innungsbetriebe in der Pflicht. Auch Ketten wollen sich verpflichten. Bundesweit gibt es dem Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks zufolge fast 261 000 Friseure.

Auch Karen Leichts Chefin unterstützt die Forderung nach einem bundesweit einheitlichen Mindestlohn. Der dürfte ihrer Meinung nach auch höher sein, doch die Praxis erschwerte bislang diese Idee. „Ich würde meinen Friseurinnen gern mehr Lohn zahlen. Aber das muss zuerst in die Köpfe der Kunden. Da gibt es noch einen ganz großen Aufklärungsbedarf“, sagt Birgit Hartbauer. „Für kleine Autoreparaturen zahlen viele Hunderte Euro ohne mit der Wimper zu zucken. Aber für eine Stunde Handarbeit und persönliche Dienstleistung am Kunden sind ihnen 50 Euro zu teuer“, sagt Hartbauer. Reich werde man in dem Beruf nicht. „Man braucht viel Idealismus und Leidenschaft.“ Der Konkurrenzkampf ist hart, denn der Kunde hat die Wahl. Er kann sich auch für einen Billigfriseur entscheiden. „Die Fluchtmöglichkeiten für die Kunden sind recht groß. Aber ein Haarschnitt für zehn oder weniger Euro - das kann ja gar nicht funktionieren“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes, Rainer Röhr. Es gebe 80 000 Friseurbetriebe in Deutschland, davon seien etwa 20 000 in den vergangenen Jahren neu dazu gekommen.

Röhr geht davon aus, dass der bundesweit einheitliche Mindestlohn dazu führen wird, dass gutes Personal auch entsprechend bezahlt wird.

„Viele wollen wirklich gern als Friseurin arbeiten, weil ihnen der Job wirklich Spaß macht.“ Aber sie müssten aus finanziellen Gründen aufhören. Insofern sei der Tarifabschluss eine Chance für das Handwerk. Auch Verdi-Verhandlungsführerin Kittel ist sich sicher, dass der neue Tarifvertrag Einfluss auf die Preisstruktur haben wird: „Die Kunden müssen sich natürlich dort, wo die Preispolitik bislang nicht stimmt, auf Preiserhöhungen einstellen.“ In personalintensiven Berufen wie dem Friseurhandwerk hängen Preis und Lohn eng zusammen. „Etwa 50 Prozent der Kosten sind Personalkosten“, sagt Geschäftsführerin Doris Ortlieb vom Landesinnungsverband des bayerischen Friseurhandwerks. „Wenn nicht mindestens 33 Euro pro Stunde angesetzt werden, rechnet sich die Arbeit eigentlich nicht.“ Der Kunde müsse schon überlegen, ob bei zehn Euro für den Haarschnitt wirklich Tarif gezahlt werden kann oder ob da nicht irgendwo getrickst werden muss. Zum Beispiel, indem die Angestellten länger arbeiten als im Vertrag steht und Sozialbeiträge hinterzogen werden.

Die 19-jährige Karen Leicht will irgendwann noch ihren Meister machen. „Auch wegen des Geldes, klar.“ Bis dahin jedoch wird sie wahrscheinlich weiter bei ihren Eltern wohnen und auf so manchen Komfort verzichten. „Der Mindestlohn reicht aus zum Leben, aber Luxus ist damit nicht möglich.“ (dpa)

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