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Wirtschaft: Führungschaos in der Hypo-Vereinsbank

Investmentbanker Jentzsch und Privatkundenchefin Licci gehen aus Frust über Unicredito

Frankfurt am Main Die Übernahme der Hypo-Vereinsbank (HVB) durch Unicredito löst bei der zweitgrößten deutschen Bank eine Führungskrise aus. Gleich zwei Vorstände erklärten nach Informationen aus Finanzkreisen ihren Rücktritt, weil sie mit den Vorgaben aus Italien nicht einverstanden waren: der Chef des Investmentbankings, Stefan Jentzsch, und Privatkundenchefin Christine Licci. Abgesehen von strategischen Differenzen sollen beide auch darüber verärgert gewesen sein, dass die Italiener bei der HVB zunehmend das Zepter übernehmen und der deutschen Führungsriege immer weniger Entscheidungsspielraum lassen. Schon vergangene Woche hatten hohe HVB-Manager geklagt, dass in der Bank nur noch Unicredito-Chef Alessandro Profumo entscheide.

Möglicherweise wirft demnächst noch ein dritter HVB-Vorstand das Handtuch, Firmenkundenchef Johann Berger. Er galt neben Licci als Kandidat für den Posten des Deutschlandchefs und war auch als Firmenkundenvorstand auf Ebene des neuen Unicredito-Konzernvorstands im Gespräch. Doch düpierte Unicredito-Chef Profumo Berger, indem er diesen Job kürzlich mit einem Italiener besetzte. Als Alternative ist jetzt im Gespräch, Berger die Verantwortung für das Immobiliengeschäft zu übertragen. „Wenn er das nicht kriegt, muss sich niemand wundern, wenn er auch geht“, meint ein HVB-Manager.

Offiziell wollten sich gestern weder Unicredito noch die HVB zu den Personalien äußern. Ein HVB-Sprecher verwies lediglich auf die Verwaltungsratssitzung von Unicredito am 18. November. Bei den Arbeitnehmern überwiegt die Enttäuschung. „Das Ausscheiden von Frau Licci ist bedauerlich“, sagt ein HVB-Betriebsrat dem Handelsblatt. Die Managerin habe seit ihrem Amtsantritt Anfang des Jahres einiges bewegt.

Während über das Ausscheiden von Licci schon länger spekuliert wurde, kam der Weggang von Jentzsch überraschend. Sein Rückzug gilt als herber Schlag für die neue Gruppe. Denn der in der Fachwelt sehr angesehene Investmentbanker sollte in den Konzernvorstand von Unicredito aufsteigen. Doch wollte er offenbar die von Profumo gewünschte Neuausrichtung des Investmentbankings nicht mittragen. In Italien beschränkt sich das Investmentbanking weitgehend darauf, Zertifikate und andere Produkte für den Verkauf an Privatanleger zu entwickeln. Die HVB ist viel breiter aufgestellt. So ist sie etwa in der Übernahmefinanzierung und im Handel mit Anleihen und Derivaten stark.

Mit Blick auf das Privatkundengeschäft heißt es in München, die Italiener stellten die von Licci forcierte Kunden- beratung in Frage. Stattdessen sollte der Produktverkauf in den Fokus rücken. In der Bank zirkulieren ferner Gerüchte über eine weitere Sparrunde. Angeblich soll Unicredito über den Abbau von 500 Stellen im Vertrieb nachdenken. Die HVB dementiert: „Dies entbehrt jeder Grundlage“, sagte ein Sprecher.

Völlig offen war am Wochenende, wer die ausscheidenden Vorstände ersetzt. Möglicherweise gibt es für Jentzsch im HVB-Vorstand gar keinen Nachfolger. Hintergrund sind Überlegungen, das Investmentbanking des gesamten Unicredito-Konzerns in einer Einheit zu bündeln. Spannend wird die Nachfolgefrage daher auf Konzernebene. Sollte Profumo diese Stelle mit einem Italiener besetzen, würde das austarierte Verhältnis zwischen Italienern und Deutschen im Unicredito-Verwaltungsrat zugunsten der Italiener verschoben. kk/pot/rob/HB

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